Ein Bericht der US-Regierung bringt den Unabhängigkeitsanspruch der Opposition in Simbabwe ins Wanken

Nachdem mich in den letzten Jahren in vielen Listen nicht wenige Leute als
Freund eines Massenmörders, als bezahlten Agenten des zimbabwischen Geheimdienstes … beschimpft haben, tauchen  jetzt endlich Berichte auf, die etwas anders über Zimbabwe schreiben:
neben dem US-Ethnologen Mahmood Mamdani jetzt auch der US Journalist Stephen
GOWANS:http://www.tlaxcala.es/pp.asp?reference=6505&lg=de

Ein Bericht der US-Regierung bringt den Unabhängigkeitsanspruch der
Opposition in Simbabwe ins Wanken
AUTOR:  Stephen GOWANS
Übersetzt von  Susanne Schuster

Einem Bericht der US-Regierung zufolge wirkte die Regierung der Vereinigten
Staaten von Amerika dabei mit, das Parteiprogramm der Tsvangirai-Fraktion
der Bewegung für demokratischen Wandel (MDC) – die Hauptoppositionspartei in
Simbabwe – auszuarbeiten und gemeindebasierte Informationsblätter zu
finanzieren, um damit eine Plattform zu schaffen, durch die Simbabwer
überredet werden sollten, die Sicht Washingtons zu akzeptieren.
Der Bericht rühmt sich damit, dass Washington unangefochtener Spitzenreiter
bei der Förderung oppositioneller zivilgesellschaftlicher Organisationen in
Simbabwe durch eine mit der CIA eng verbundenen Organisation, die von Peter
Ackerman, einst Investmentbanker in New York und rechte Hand von Michael
Milken, geführt wird.
In einem Brief vom 16. November 2007, der dem vom US-Außenministerium
veröffentlichten Bericht “Zimbabwe 2007 Performance Report” beiliegt,
schrieb James McGee, der US-amerikanische Botschafter in Simbabwe: “In enger
Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Regierungen haben wir unsere
diplomatischen Bemühungen fortgesetzt, um den Druck auf die Regierung
Simbabwes aufrechtzuerhalten und das Regime daran zu erinnern, dass
grundlegende Änderungen…eine Voraussetzung für die Wiedereingliederung in
die internationale Gemeinschaft sind.”
McGee forderte Wirtschaftsreformen – dies bedeutet übersetzt die Aufgabe des
von der Regierung in Harare initierten Wirtschaftsprogramms, das Simbabwer
gegenüber ausländischen Investoren bevorzugt – die Abschaffung von
Preiskontrollen und die Privatisierung von Staatsunternehmen.
Die von Washington favorisierte neo-liberale und für ausländische Investoren
günstige Wirtschaftspolitik spielt im Parteiprogramm des Tsvangirai-Flügels
der MDC (Movement for Democratic Change) eine wesentliche Rolle.

Morgan Tsvangirai
Der Bericht des US-Außenministeriums enthüllt, dass das Parteiprogramm der
MDC vielleicht stärker auf den Anweisungen der US-Regierung basiert als auf
den eigenen Überlegungen.
Dem Bericht zufolge “unterstüzte die (US Regierung)…die MDC dabei,
Positionen und Ideen für das Parteiprogramm zu Simbabwe, der ganzen Region
und darüber hinaus effektiv zu identifizieren, zu erforschen und zu
artikulieren.
Dabei war vor allem fachliche Unterstützung (der US Regierung) maßgeblich
dabei, der MDC bei der Ausarbeitung und Bekanntmachung eines umfassenden
Parteiprogramms zu helfen.”
Kritiker der Partei deuten darauf hin, dass es zwischen deren
Programmpunkten und dem von Washington favorisierten Programm für
afrikanische Länder keinerlei Unterschied gibt, was sich dadurch erklären
könnte, dass die US-Regierung der MDC dabei half, “Positionen und Ideen für
ihr Programm zu identifizieren, zu erforschen und zu artikulieren sowie ein
Parteiprogramm zu entwickeln und bekannt zu machen.”
Die Hilfe der US-Regierung für die Tsvangirai-Fraktion der MDC umfasste
nicht nur die Ausarbeitung und Verbalisierung eines Parteiprogramms, sie
erstreckte sich desweiteren auf die Mitwirkung beim Ausarbeiten einer
oppositionellen Strategie für die MDC.
Dem Außenministerium zufolge stellte die US-Regierung “der MDC fachliche
Hilfe zur Verfügung…um es ihr zu ermöglichen, in regelmäßigen
strategischen Planungsbesprechungen Ziele zu vereinbaren, die wichtigsten
Ziele herauszustellen, Aktivitäten nach ihrer Dringlichkeit einzuordnen und
Leistungsmaßstäbe zu bestimmen.”
In dem Bericht werden Simbabwer hingestellt als wären sie unfähig, selber
Ziele zu vereinbaren, Prioritäten zu setzen und Leistung zu messen und
benötigten demzufolge die Hilfe der USA, um grundlegende organisatorische
Aufgaben zu erledigen.
Die von US-Beratern geleistete Hilfe könnte man treffender und weniger
taktvoll als Anweisung bezeichnen. Die fachliche Hilfe wurde vom
International Republican Institute zur Verfügung gestellt, dem
republikanischen Zweig des National Endowment for Democracy im US-Kongress,
dessen Vorsitzender John McCain ist.

Robert Mugabe
Dem Bericht des US-Außenministeriums zufolge veranstaltete das “IRI ein
Seminar für Tsvangirais Schattenkabinett, auf dem jeder Schattenminister
seine bzw. ihre Programmpunkte vorstellte und verteidigte.
Ein Expertenausschuss fühlte den Rednern auf den Zahn bezüglich dem Inhalt
ihres Programms.” Das Außenministerium erachtete die Hilfe als “wesentlich
zum Aufbau der Fähigkeit (der MDC), effektiv zu operieren und um (es) ihr zu
ermöglichen, in den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen (2008)
teilzunehmen und darüber hinaus darauf vorbereitet zu sein, die Regierung zu
übernehmen.”
Die US-Regierung half der MDC nicht nur bei der Gestaltung des
Parteiprogramms; der Bericht offenbart auch, dass sie durch ihre
Unterstützung von Sendungen des Voice of America und gemeindebasierten
Informationsblättern die öffentliche Meinung in Simbabwe beeinflusst hat.
Nach seiner eigenen Darstellung ist seine Rolle nur, Hilfe zu leisten, doch
in seinem Bericht stellt das US-Außenministerium klar, dass die
Informationsblätter der US-Regierung eine Plattform boten, “um Simbabwer
über Themen zu informieren, die für sie wichtig sind.”
Der Berichte enthüllte, dass das Außenministerium lieber die
Informationsblätter unterschrieb, statt gemeindebasierten Journalismus
finanziell zu unterstützen, um auf diesem Wege die Propaganda der
US-Regierung zu verbreiten.
Der Bericht des Außenministeriums bietet auch einen Einblick, wie weit
Washington bereit war, in finanzieller Hinsicht zu gehen, um einen
zivilgesellschaftlichen Apparat zu schaffen und zu erhalten, der eine
Opposition zur Mugabe-Regierung stellen würde.

Im Jahr 2007 gewährte Washington Freedom House und PACT eine Summe von
ingesamt 1,8 Millionen US-Dollar für die Unterstützung von
zivilgesellschaftlichen Organisationen, die der Mugabe-Regierung gegenüber
feindlich gesinnt waren.
Laut Edward Herman und Noam Chomskys Ausführungen in ‘Manufacturing Consent’
ist Freedom House, mit Michael Milkens ehemaliger rechter Hand Peter
Ackerman an der Spitze, eng verbunden mit dem CIA.
Zusätzlich wurden Voice of America 400 000 US-Dollar zugeschoben, um Harares
Bemühungen, VOAs regierungsfeindliche Sendungen zu stören, entgegenzuwirken.
Seit 2002 unterstützt Washington die Anti-Mugabe Sendung Studio 7 von VOA.
Dem Bericht zufolge “bestand das Radioprogramm aus eineinhalbstündigen
Sendungen auf Englisch, Shona und Ndebele, die bis Juli 2007 an fünf Tagen
pro Woche übertragen wurden und danach auf sieben Tage pro Woche ausgeweitet
wurden.”
Um den Jammern aus Harare einen Strich durch die Rechnung zu machen, weitete
man die Sendezeit des VOA aus und verteilte Kurzwellenradios in Simbabwe.
Außerdem wurden Werbefeldzüge unternommen, um “durch die Verteilung von
Kalendern und Schreibstiften, Anzeigen in der Druckpresse und eine
SMS-Kampagne” das Profil von Studio 7 aufzubauen.
Nach der Schilderung des Außenministeriums bietet Studio 7 eine Plattform
für Gruppierungen, die die Mugabe-Regierung mit ihrer Politik der
Bodenreform und einer Wirtschaftspolitik, die die indigene Bevölkerung
favorisiert, ablehnen: “die politische Opposition, Exilgruppen,
Demokratieaktivisten und Menschenrechtsfürsprecher” – im Großen und Ganzen
diesselben Gruppen, die von der US-Regierung durch Freedom House und PACT
finanziell unterstützt wurden.
Auffällig an der Liste der politischen Parteien im Bericht, die 2007 von der
US-Regierung in “Demokratie und Staatsführung” unterwiesen wurden, ist die
Abwesenheit von Mugabes Zanu-PF Partei.
Zwar insistieren die Verfechter der Demokratie-Kampagne, dass die
US-Regierung alle demokratischen Kräfte unterstützt, nicht politische
Parteien als solche, doch nur eine Partei in Simbabwe hat Hilfe von der
US-Regierung erhalten: die Tsvangirai-Fraktion des MDC. Das war jedoch nicht
Washingtons Ziel.

Dem Bericht zufolge plante die US-Regierung, zwei politische Parteien in
Simbabwe zu unterstützen: vermutlich Tsvangirais MDC-Fraktion und die von
Arthur Mutambara angeführte Fraktion des MDC.
Aber als die US-Regierung Mutambaras Partei ansprach, bekam sie “einen
Korb”.
Mutambara hat sich öffentlich über den Imperialismus und die heuchlerische
Außenpolitik der USA beschwert und konnte sich durch diesen Schachzug von
dem Makel, eine Marionette der westlichen Außenpolitik zu sein, frei halten.
Um die Quadratur des Kreises zu vollziehen und um zu beweisen, dass sie
Demokratie und nicht politische Parteien unterstützt, nennt die US-Regierung
die Tsvangirai-Fraktion des MDC die “demokratische Opposition”.
Es ist kein Zufall, dass der vollständige Name der MDC “Movement for
Democratic Change” (Bewegung für demokratischen Wandel) lautet, oder dass
eine andere Partei, die einst von der US-Regierung unterstützt wurde, die
Demokratische Opposition Serbiens (the Democratic Opposition of Serbia),
ebenfalls das Wort Demokratie in ihrem Namen hatte.
Die westlichen Massenmedien nehmen die Vorgaben der US-Regierung in Bezug
darauf, welche von Washington unterstützten ausländischen politischen
Parteien als “demokratische Opposition” gelten, zum Vorbild, und bekräftigen
damit das Trugbild, dass US-Unterstützung für bestimmte politische Parteien
im Ausland Förderung von Demokratie ist und nicht die illegitime Einmischung
in die Innenpolitik anderer Länder.
Der Bericht rühmt sich damit, dass die USA “unter den Geberländern
unangefochtener Spitzenreiter bei der Bereitstellung von Hilfeleistungen an
die Zivilgesellschaft” war, sie stellte “fachliche Hilfe und geringfügige
Zuwendungen an 29” zivilgesellschaftliche Organisationen durch ihre
“ausführenden Partner” Freedom House und PACT zur Verfügung.
Die Zuwendungen und die Hilfe wurden geleistet, um “die strategische
Planung, Kommunikation, das Erstellen von Projektvorschlägen (und) die
Ausarbeitung einer Plattform” zu verbessern.
Nach den Ausführungen des Berichts wird großes Gewicht auf das Erstellen von
Projektvorschlägen gelegt, um zivilgesellschaftliche Organisationen mit den
notwendigen Fähigkeiten auszustatten, zusätzliche Gelder von privaten
Stiftungen zu erhalten. Dem Außenministerium zufolge sind
“Jugendorganisationen wie der Nationale Studentenverband Simbabwe (Zimbabwe
National Students’ Union) und Junge Initiative für Demokratie in Simbabwe
(Youth Initiatives for Democracy in Zimbabwe) zwei gute Beispiele
für…(zivilgesellschaftliche Organisationen die) durch die finanzielle
Unterstützung des US-Außenministeriums bei der Entwicklung ihres Konzeptes
bis zu einem Niveau gefördert wurden, ab dem sie auf eigenen Beinen stehen
und andere Geldgeber sichern konnten.”
Die Verfechter der Vorstellung, dass zivilgesellschaftliche Organisationen
nicht durch die Förderung der US-Regierung geschaffen und angeleitet werden,
sondern spontan aufkommende Graswurzelbewegungen darstellen, die auch ohne
die Großzügkeit der US-Regierung existieren würden, lassen ein Bild
entstehen, das gänzlich anders ist als der Hinweis im Bericht, dass
Washington zivilgesellschaftliche Organisationen in der Entwicklung ihres
Konzepts bis zu einem Niveau fördert, ab dem sie andere Geldgeber sichern
und auf eigenen Beinen stehen können.
Die MDC insistiert, dass sie eine unabhängige politische Partei ist und
oppositionelle zivilgesellschaftliche Organisationen und ihre Verfechter
bestehen darauf, dass Simbabwes Zivilgesellschaft nicht vom Ausland
kontrolliert wird.
Der Akademiker Patrick Bond hat versichert, dass eine oppositionelle
Untergrundorganisation, die von der US-Regierung Zuwendungen erhält, zu
einer unabhängigen Linken gehört, während der Akademiker Stephen Zunes
gesagt hat, dass Women of Zimbabwe Arise, eine in dem Bericht des
Außenministeriums genannte, von der US-Regierung finanziell unterstützte
Gruppierung, keineswegs als Agent der US-Regierung in Frage kommt.
Diese Verteidiger von Anti-Mugabe-Organisationen scheinen mit der zentralen
Rolle der US-Regierung in der Förderung und Unterhaltung von Simbabwes
Zivilorganisationen nicht vertraut zu sein. Die MDC bekam von Washington und
dem von John McCain geführten IRI beträchtliche Unterstützung und Anleitung
für die Entwicklung und Bekanntmachung ihres Parteiprogramms und die
Ausarbeitung einer Strategie, um die Mugabe-Regierung zu schlagen.
In ihrer Opposition zur Zanu-PF Partei wurde sie unterstützt von
zivilgesellschaftlichen Organisationen, die durch Freedom House und PACT
Zuwendungen der US-Regierung erhielten, sowie von gemeindebasierten
Nachrichtenblättern und Studio 7 des VOA, die, von der US-Regierung
finanziert, als Plattform dienten, um die Sichtweise der US-Regierung sowie
die Ansichten der Mugabe-Gegner zu verbreiten.
Damit enthüllt der Bericht, wie die US-Regierung die relative Offenheit
Simbabwes ausgenutzt hat, um sich in die interne Politik des Landes
einzumischen und damit versucht hat, eine Partei an die Macht zu bringen,
deren Programm sie mitgestaltet hat.
Harare hat Schritte unternommen, um Washingtons illegitimen Eingreifen
entgegenzutreten, darunter das Jammen der VOA-Sendungen, Einreiseverbote für
Journalisten und Wahlbeobachter aus den USA und Verbote für einige NGOs.
Diese Maßnahmen wurden von Washington als “undemokratisch” und “autoritär”
angeprangert und damit als Grund für eine Intervention.
Aber die Ursachenkette ist umgekehrt.
Die von Washington als anti-demokratisch und autoritär bezeichneten
Maßnahmen haben die USA nicht dazu veranlasst, der MDC dabei zu helfen, ihr
Parteiprogramm zu schreiben und bekanntzumachen, regierungsfeindliche,
zivilgesellschaftliche Organisationen zu fördern und zu finanzieren und
durch Studio 7 und gemeindebasierte Nachrichtenblätter Mugabes Widersachern
eine Stimme zu verleihen, um damit die öffentliche Meinung zu beeinflussen.
Im Gegenteil, all dies hat Harare dazu veranlasst, Maßnahmen zu ergreifen,
die als anti-demokratisch und autoritär angeprangert wurden, um damit
Washingtons illegitime Einmischung in Simbabwes demokratischen Raum zu
begrenzen.
Jeder, der ein echtes Interesse daran hätte, Demokratie zu fördern, würde
Washington dazu drängen, seine Einmischung in Simbabwes Angelegenheiten zu
stoppen, statt zivilgesellschaftlichen Organisationen, die von der
US-Regierung unterstützt werden, als spontan entstehenden,
pro-demokratischen Volksbewegungen, als eine unabhängige Linke, auf die man
zählen kann, um zu verstehen, was in Simbabwe wirklich los ist (Bond) oder
als Gruppen, die keineswegs als Agenten der US-Regierung betrachtet werden
können (Zunes) Bewunderung zu zollen.

Morgan Tsvangirai  (l.), Robert Mugabe  (m.) und Arthur Mutambara (r.). Am
15. September unterschrieben die drei Männer ein Abkommen über Machtteilung,
der nicht in Kraft treten konnte. Foto Reuters Pictures

Quelle: US Government Report Undermines Zimbabwe Opposition’s Claim of
Independence

Originalartikel veröffentlicht am 4.10.2008

Über den Autor

Susanne Schuster ist ein Mitglied von Tlaxcala, dem Übersetzernetzwerk für
sprachliche Vielfalt. Diese Übersetzung kann frei verwendet werden unter der
Bedingung, daß der Text nicht verändert wird und daß sowohl der Autor, die
Übersetzerin der Prüfer als auch die Quelle genannt werden.

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MUTTER AFRIKA: 04/12/2008

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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