30.06.2011 — Ha’aretz
Orginalartikel: Dieser Artikel ist NICHT auf www.zmag.org erschienen!
Übersetzt von: Ellen Rohlfs
HaBE: nur eine kleine Vorbemerkung: Alfred NevenDumont, der „Retter jüdischen Eigentums“ in Köln, um Köln und um Köln herum, der „innere Widerstandskämpfer“ hat bei der freundlichen Übernahme von Ha’aretz der Ha’aretz-Redaktion wie der Gesamt- Belegschaft angedroht, er könne auch mit 40% der Manpower diese Zeitung machen. Umgesetzt hat er diese Drohung jedoch nicht in Tel Aviv sondern in Frankfurt am Main bei der Frankfurter Rundschau.
Israel ist eine Gesellschaft der Gewalt und Brutalität geworden … Geworden ?
Ich hoffe, dass Gideon Levy den neokolonialen-zionistischen Gewaltakt gegen die palästinensische Bevölkerung, die Vertreibung der Menschen, die Ermordung aller, die Widerstand leisteten und die Zerstörung von über 400 Dörfern, diesen Gründungsspatenstich in den Körper eines Volkes nicht vergessen hat, das kein Milligramm Schuld am Holocaust trägt. ….. Der deutsche Templerorden war in den 1840ern mit der Gründung eines europäisch-christlichen Brückenkopfstaates gegen den Islam in Palästina zwar gescheitert, aber der Plan blieb und die zionistischen Organisationen haben sich angeboten, ihn zu realisieren – auch mit Gewalt und Terror gegen die eigenen auswanderungsunwilligen „Glaubensbrüder“, gegen die britische MandatsKolonialmacht u.s.w.
Aber man schaue sich an, wie Israel handelt. Die Flotille wurde sofort von jedem als eine Sicherheitsbedrohung beschrieben; ihre Aktivisten wurden als Feinde angesehen. Und die lächerlichen Vermutungen, die Offizielle der Verteidigung machten und die von der Presse eifrig übernommen wurden. Wir haben noch die Kampagne der Dämonisierung der letzten Flotilla im Ohr, in der neun türkische Bürger grundlos getötet wurden, und schon hat die neue Kampagne begonnen. Man hört die üblichen Wörter : Gefahr, chemische Substanzen, Kampf von Mann zu Mann, Muslime, Türken, Araber, Terroristen und womöglich auch Selbstmordattentäter. Blut und Feuer und Rauchwolken!
Die unvermeidliche Schlussfolgerung ist, dass es nur einen Weg gibt, gegen die Passagiere an Bord der Flotille zu handeln: durch Gewalt, und nur durch Gewalt, da es eine Sicherheitsbedrohung ist. Es ist ein immer wieder kehrendes Muster: zuerst Dämonisierung, dann Legitimierung (mit Gewalt vorzugehen). Man erinnere sich nur an die Geschichten über die raffinierten iranischen Waffen, die durch die Waffenschmuggeltunnel in Gaza gekommen sein sollen oder daran, dass der Gazastreifen voll versteckter Bomben sei? Dann kam Operation Cast Lead (08/09), und die Soldaten fanden nichts dergleichen.
Die Haltung gegenüber der Flotilla ist eine Fortsetzung desselben Benehmens. Die Kampagne
mit Angst machender Taktik und Dämonisierung, zusammen mit heftiger Rhetorik ist inzwischen von der ganzen Öffentlichkeit übernommen worden. Denn worüber sollen Israelis denken, wenn sie mit gruseligen Geschichten über die Flotilla gefüttert werden, wenn nicht über die Anwendung von Gewalt. Diese Aktivisten wollen die IDF-Soldaten töten. Wir werden uns erheben und sie zuerst töten.
Und nun die Politiker, die Generäle und die Kommentatoren sind im Wettstreit mit einander: wer kann die erschreckendste Beschreibung der Flotilla liefern, wer kann die Öffentlichkeit am meisten erzürnen, wer kann die Soldaten, die uns retten, am meisten loben und wer kann die aufgeblasenste Rhetorik bringen, wie man sie vor einem Krieg erwartet. Ein bedeutsamer Kommentator, Dan Margalit, brachte schon Poesie in seine Zeitungskolumne: „Gesegnet sind die Hände,“ und meinte die Hände, die eines der Schiffe sabotierte und fahrunfähig machte. Das ist noch eine gewalttätige und illegale Aktion, die hier unmittelbaren Applaus hervorbringt, ohne dass jemand fragt: mit welchem Recht?
Diese Flotilla wird nicht durchkommen. Der Ministerpräsident und der Verteidigungsminister haben uns dies versprochen. Noch einmal wird uns Israel ihnen, den Aktivisten, zeigen, wer hier das Sagen hat – wer der Stärkste ist und wer die Verantwortung in der Luft, auf dem Land und zur See hat. Die „Lektionen“ der letzten Flotilla sind gut gelernt worden – nicht aber die Lektionen des sinnlosen Tötens oder der gewalttätigen und unnötigen Übernahme des Schiffes, aber der Demütigung des israelischen Militärs.
Aber die Wahrheit ist: die wirkliche Demütigung liegt in der Tatsache, dass Marinekommandos eingesetzt wurden, um die Schiffe abzufangen. Und das ist etwas, das uns alle betrifft: wie wir zu einer Gesellschaft geworden sind, deren Sprache Gewalt wurde, ein Land, das versucht, fast alles mit Gewalt und nur mit Gewalt zu lösen.
Und genau für diese menschenverachtende Gewalt und seine barbarischen Methoden wird dieses Land hoffentlich bald zur Rechenschaft gezogen! Die Menschheit sollte sich diese Perversionen nicht gefallen lassen.