corona 270: Impfung “zu 90% wirksam”? – Inklusive Nebenwirkungen & Spätfolgen?

Die Impftrupps sind bereits am 27.12. ausgeschwärmt und in die Alten- und Pflegeheime eingefallen wie die “Blauen Engel”. Sie wurden angekündigt wie der Erlöser. “Ende der Quarantäne-Qualen”, “Umfassender Infektionsschutz” , !”endlich die Kinder und Enkel wieder in den Arm nehmen können!”

Allein an diesem Sonntag wurden innerhalb von 6 Stunden rund 250 Alte im Main-Kinzig-Kreis bei Frankfurt durchgeimpft. Man kann sich ausrechnen wie viel Zeit die Impftrupps darauf verwendeten, die Alten umfassend aufzuklären über die Risiken, die möglichen Nebenwirkungen, die Spätfolgen. Die (Rechts-)Betreuer der Alten wurden kurz vor dem 24.12. über die bevorstehende Impfung informiert, sodass für Konsultationen der Hausärzte, Recherchen der Kontra-Indikationen, Besprechungen mit den Angehörigen, Verfassen der Willenserklärungen, Gutachten usw. so gut wie keine Chance mehr bestand. Vorweihnachtsstress, Behörden auf Feierabend-Modus, Lockdown …. Da lässt sich kaum noch Widerstand mobilisieren.

Corona-Impfung: Was bedeutet „zu 90 Prozent wirksam“?

21.12.2020 (aktualisiert: 17:10 21.12.2020)

Während sich Deutschland darauf vorbereitet, innerhalb von einer Woche mit der Impfung der von Sars-Cov-2 besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen anzufangen, kursieren widersprüchliche Informationen über den Impfstoff und seine Wirksamkeit.

Laut Bundesgesundheitsministerium soll die Impfung der Bevölkerung mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer gegen das Coronavirus direkt nach den Weihnachtsfeiertagen beginnen – vorausgesetzt, er bekommt in den nächsten Tagen offiziell die Zulassung. In den einzelnen Bundesländern sind Impfzentren bereit, die insgesamt drei bis vier Millionen Impfdosen zu verimpfen. Für das erste Quartal rechnet das Ministerium mit elf bis dreizehn Millionen Impfdosen. Sollten alle Impfstoff-Kandidaten zugelassen werden, könnte Deutschland insgesamt 300 Millionen Dosen erhalten. Für jeden Impfstoff muss Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit in klinischen Prüfungen nachgewiesen und ein günstiges Nutzen/Risiko-Profil durch die Zulassungsbehörde bescheinigt werden.

Laut Impfverordnung werden zunächst über 80-Jährige, Pfleger und Betreuer in Alten- und Pflegeheimen sowie ambulanten Pflegediensten geimpft. Ebenfalls bevorzugt werden Beschäftigte auf Intensivstationen, in Notaufnahmen, Rettungsdiensten, der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, den Sars-Cov-2-Impfzentren und in Bereichen mit „infektionsrelevanten Tätigkeiten“. Auch jene, die Menschen mit hohem Risiko behandeln, beispielsweise in der Hämato-Onkologie und Transplantationsmedizin, haben den Vorzug bei der Impfung, die nicht für alle reichen wird.

Hohe und erhöhte Priorität misst das Ministerium ferner Menschen ab 60, behinderten Menschen, Vorerkrankten, Beschäftigten in anderen medizinischen Bereichen, aber auch engen Kontaktpersonen von Schwangeren und Seniorenheimbewohnern, Lehrern und „Personen in relevanter Position in Regierungen, Verwaltungen und den Verfassungsorganen, in Streitkräften, bei der Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz und dem THW (Technisches Hilfswerk), Justiz“ zu. Die Impfung müsse innerhalb von sieben Tagen zweimal verabreicht werden, damit der Impfstoff seine volle Wirkung entfalten kann.

„Unstatistik des Monats“

Doch was kann der Impfstoff BNT162b2 von Biontech/Pfizer tatsächlich und wie wurde das geprüft? Der mRNA-basierte Impfstoff schleust einen „Bauplan“ für ein Corona-Protein in die Körperzellen ein, die dieses dann für eine kurze Zeit herstellen. Während dabei keine vollständigen Viren entstehen, wird das Immunsystem angeregt, Abwehrstoffe gegen das fremde Protein zu bilden. Kommt die geimpfte Person später in Kontakt mit dem Coronavirus, wird dieses erkannt und bekämpft.

Die Wirksamkeit des Impfstoffs ist an einer Gruppe von etwa 43.500 Probanden im Alter von zwölf bis 91 Jahren getestet worden, wovon die Hälfte den Impfstoff, die andere ein Placebo gespritzt bekam. Im Ergebnis bescheinigte die Studie dem Vakzin eine Wirksamkeit von 95 Prozent.

95 Prozent klingt hervorragend – oder etwa nicht? In seiner „Unstatistik des Monats“ stellt das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) klar: Die Zahl wird in den Medien oft falsch interpretiert. Demnach würde der Impfstoff mit einer Wirksamkeit von 90 Prozent neun von zehn Menschen, die sich impfen ließen, vor einer Infektion schützen. So sei das aber nicht gemeint. Bei der zugrundeliegenden Studie habe es sieben Tage nach der Gabe der zweiten Dosis insgesamt 94 bestätigte Covid-19-Fälle gegeben. Zur Bestimmung der Wirksamkeit werde laut Studienprotokoll von Pfizer der Anteil der Covid-19-Fälle in der Impfgruppe dividiert durch den Anteil der Covid-19-Fälle in der Kontrollgruppe. Dieser Wert werde von eins abgezogen und mit hundert multipliziert, sodass man es bequem in Prozenten ausdrücken kann. Daraus folge, es müsse in der Impfgruppe acht Fälle und in der Placebogruppe etwa 86 Fälle gegeben haben, was einer Reduktion von rund 90 Prozent entspricht (bei den 95 Prozent entsprechend acht versus 162 Fälle).

Relative und absolute Risikoreduktion

„Die ‚zu 90 Prozent wirksam‘ bezieht sich also nicht auf neun von zehn Menschen, die zur Impfung gehen, und auch nicht auf alle Teilnehmer der Studie oder alle Menschen, die sich in Deutschland impfen lassen. Sie ist eine relative Risikoreduktion, die sich auf die Zahl der Infizierten bezieht, aber keine absolute Reduktion, die sich auf alle Geimpften bezieht.“

Am Beispiel der Grippeschutzimpfung erklären die Verfasser der „Unstatistik“ den Unterschied zwischen relativer und absoluter Risikoreduktion:

„In einer Saison mit geringer Verbreitung des Grippevirus liegt die Wirksamkeit der Grippeschutzimpfung etwa bei 50 Prozent. Diese Zahl bedeutet aber nicht, dass 5 von 10 Geimpften vor der Grippe geschützt sind. Sie bedeutet, dass von je 100 Personen ohne Impfung zwei eine bestätigte Influenzainfektion bekamen, und von je 100 Personen mit Impfung nur eine.“

Zudem beziehe sich die Zahl auf eine Reduktion von Infektion, nicht von schweren Erkrankungen oder Todesfällen. Wie sich die Impfung darauf auswirken werde, müsse in weiteren Studien erst noch untersucht werden.

s.a.:

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Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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