Ein unvollständiges Klassenkampflehrstück in der jungen Welt

Der  jW Artikel “Lehrstück des Klassenkampfes” ist leider unvollständig.  Der Kampf um die Lohnfortzahlung bei Krankheit hielt über Jahre an. Er begann 1956 und war 1964 noch nicht ausgefochten. In diesem Jahr wurde von den Matallarbeitgebern die bundesweite Aussperrung gegen die Metallarbeiter organisiert.

Kap. C-22_1956_57_Schleswig-Holstein_IGM Zentralarchiv.jpg

Die ca. 25.000 Schiffbauer, die zu 90 Prozent gewerkschaftlich organisiert waren, bildeten das Rückgrat des erfolgreichen Ausstands – für die ­Streikleitung angemietete Barkasse im Kieler Hafen

Gut, dass Volker Hermsdorf über diesen längsten und schwersten Streik in der geschichte der Bundesrepublik überhaupt schreibt. Er gerät sonst in Vergessenheit. Es waren aber nicht nur die Metall-Arbeiter in Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen, sondern mindestens an zweiter Stelle die Metallarbeiter in Nord-Baden/Nord-Württemberg, im kampfstärksten IG-Metall-Bezirk.  Von hier aus organisierte Hanns-Martin Schleyer, der damalige Metallarbeitgeber-Chef die bundesweite Aussperrung gegen alle Metallarbeiter, um diesen Streik scheitern zu lassen. Er wollte mit der Aussperrung innergewerkschaftlichen Druck auf die IG-Metall-Spitze und den führenden Bezirk erzeugen. Als Organisatoren der Aussperrung hat sich Hanns-Martin Schleyer einen Mannheimer Sozialdemokraten ins Kommandozentrum geholt, der in seinem Mercedes-Benz-Management gerade Karriere machen wollte und sich damit brüstete, in der SPD das Du und die Anrede „Genosse/Genossin“ abgeschafft zu haben. Ebenfalls hat dieser Sozialdemokrat den Handkassierer in der SPD abgeschafft (der in Zeiten der Verfolgung eine wichtige Kommunikationsfunktion hatte) und ihn durch das Beitragseinzugsverfahren ersetzt. Trotzdem das Ziel der Aussperrung nicht erreicht wurde, hat Schleyer diesen Sozialdemokraten in das Wahlkampfteam für Willy Brandt ausgeliehen,

das unter der Leitung Helmut Schmidts arbeitete. Dieses Wahlkampfteam organisierte verdeckt auch die Kampagne von Günther Grass, holte sich die Ghost-Writer aus der Gruppe 47 und solche schillernden Gestalten wie den Redenschreiber Peter Schneider, der heute noch damit prahlt:

Peter Schneiders SkatBuch:
“AUS DEM SCHNEIDER!”


HaBEs bisher schärfste Rezension:
VOM ENDE DES TAPFEREN SCHNEIDERLEINS
in “Rebellion und Wahn – mein 68”

 

Mit zu dieser Geschichte gehört auch, dass ich wegen der Unterstützung dieses Streiks mit Liedern und Gedichten und wegen Aktionen gegen die Aussperrung 1964 aus der Schule flog und nur auf Druck der IG-Metall-KollegINNen nach einer Woche in das evangelisch-musische Bach-Gymnasium und die Neckarauer Kantorei in Mannheim wieder aufgenommen wurde: die KollegINNen nahmen mich als Ehrenmitglied in die IG-Metall auf und setzten ihrerseits den damaligen sozialdemokratischen Bürgermeister von Mannheim, Walter Krause, so unter Druck, dass der diesem kirchlichen Privatgymnasium und dem angeschlossenen Internat mit Entzug städtischer Fördergelder drohte, wenn Schüler weiter an der Wahrnehmung ihrer demokratischen Rechte gehindert würden. (Das Krause später als BaWü-Innenminister die Polizei bürgerkriegsmäßig aufrüstete und so die auch durch, mit und unter Willy Brandt

 durchgesetzten Notstandsgesetze erfüllte, sei hier nur nebenbei angemerkt).

Zu den Sponsoren und Förderern dieses evangelischen Gymnasiums für die „Erziehung einer evangelischen Elite“ gehörte Hanns-Martin Schleyer

 , der Pegulan-Chef und Ziehvater Helmut Kohls, Dr. Fritz Ries

und der Karlsruher Brauereibesitzer Sepp Dietrich Monninger

 Josef Dietrich im Rang eines SS-Oberst-Gruppenführers

sowie der Rüstungsindustrielle Renner, der Vater der späteren Frau Hannelore Kohl.

Die drei Erstgenannten kannten sich aus Prag, wo sie als SS-Obersturmbannführer oder in ähnlich hohem Rang unter Heydrich bekanntlich so segensreich wirkten. Leiter des Internats und späterer Schulleiter war ein ehemaliger SS-Offizier und Theologe der „Deutschen Christen“, der zumThema „Jesus war ein Arier“ seine Doktorarbeit geschrieben hatte und von der Spruchkammer ein Predigtverbot von 1945 bis 1958 erhalten hatte. Großherzig und gnädig, wie die badische Landeskirche ist, hat sie den ExSSler zunächst als Konfirmanden-Lehrer in Eberbach am Neckar eingestellt, wo er nicht predigen brauchte. Dort kam es zu Protesten der Eltern wegen Missbrauchsfällen, worauf der ExSSler von Eberbach abgezogen und 1960 als Internatsleiter in Mannheim-Neckarau eingestellt wurde. Die Dissertationsschrift habe ich zusammen mit anderen Internatsschülern auf dem Dachboden des Internates, des Ott-Heinrich-Stiftes gefunden.

Zu Missbrauchsfällen in Mannheim will ich hier jetzt nichts schreiben, aber eine Sache noch erwähnen:  Das französische Monatsmagazin „Epoque“ hat ihre Reporter zur Beerdingung des alte SS-Kameraden Sepp Dietrich Monninger

Josef Dietrich im Rang eines SS-Oberst-Gruppenführers

geschickt und im April 1966 bei der Beerdigung die auf dem Friedhof versammelten Alten SS-Kameraden fotografiert und veröffentlicht. Dieses doppelseitige Großfoto ist im Ludwigsburger Museum noch einzusehen. In seiner Mitte das sonnenbebrillte Gesicht des mittlerweile Bach-Gymnasiums-Schulleiters. Ironie der Geschichte ist es dann auch, dass jener Sozialdemokrat, der die Aussperrung im Auftrag Schleyers organisierte, später als graue Eminenz bei den Republikanern auftauchte, Headhunter für die deutsche Großindustrie und Hochfinanz wurde, die Regermanisierung Kaliningrads/Königsbergs zusammen mit dem Hamburger Rechtanwalt Rieger

probierte  (Organisierung von Militärfahrzeugen zwecks Umsiedlung von Russland-Deutschen in das ehemalige Ostpreußen) und den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche in Zusammenarbeit mit der ehemaligen SS-Hausbank, der Dresdner Bank organisierte. Direkt nach der Wende transportierten unter seiner Leitung Republikaner tonnenweise  REP-Propaganda-Material in die noch DDR.  Dort wurde das aber in der Regel, wie mir Zeitzeugen berichteten, nach Abzug der REP-Wessies der noch geordneten DDR-Altstoffverwertung zugeführt.

Die Dresdner Frauenkirche war der „Petersdom“ der „Deutschen – NAZI-Christen“ und die DDR hat diese Kirche mit Absicht nicht wieder aufgebaut. Sie sollte als Mahnmal stehen bleiben.  In etwa waren das auch die Gründe für den Nichtwiederaufbau des Berliner Stadtschlosses- als ehemaliger GESTAPO-Zentrale- und der Garnisonskirche, jenem Sinnbild für Thron&Altar&Säbel

 

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert