HaBE mit Ferruccio Brugnaro die Kategorie “Asphalt-Poet” gemeinsam

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verliehen wurde mir diese Auszeichnung nicht beim Europäischen Poesie-Festival in Frankfurt, wo ich schon einmal Ferruccios Gedichte vortragen durfte. Ich erhielt diese Klassifizierung auf der Buchmesse in Havanna/Kuba 2006 durch die Leitung der deutschen Delegation.

Ich HaBE sie aber schon viel früher entdeckt: bei der Aburteilung  Albert Ehrensteins durch die Reichsschrifttumskammer kurz vor der Verbrennung seiner Bücher. Meine werden zwar verbannt, aber noch hoffentlich lange nicht verbrannt. Gerne hätte ich dagegen, dass meine Gedichte genau so brennen wie die Ferrucio Brugnaros, sich einbrennen in die Köpfe der KollegINNen. Manche aus meinen “unter-schlag-zeilen” brachten zwar Köpfe schon zu Glimmzügen, es gelang mir auch bereits einige Köpfe zum Rauchen zu bringen, sie halfen auch gelegentlich Streiks und Kundgebungen anzufeuern, machten hie und da etwas Feuer unter herrschaftlichen Sesseln und gaben ab und zu sogar Verstummten ihre Stimme zurück.

Das war Glück.

Bei Ferruccio geschieht dieses Glück jedoch viel viel öfter. Seine Gedichte haben mich beim Übersetzen entzündet.

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19.05. 2016  19 Uhr  im Club Voltaire Frankfurt :  Lesung im Rahmen Europäischen Poesie-Festivals

Gedichte von Ferruccio Brugnaro,  dem venezianisch-mestrisch-margheranischen Arbeiter-/Fabrik-Poeten

Ferruccio wird sie in Italienisch lesen und HaBE in seiner deutschen Nachdichtung / nicht-linearen Übersetzung. Zur Frage der richtigen Übersetzung von Lyrik – und hier besonders der Gedichte von Ferruccio Brungnaro –  kam es bei den vergangenen Europäischen Poesie-Festivals in Frankfurt zu tiefgreifenden, essentiellen Auseinandersetzungen unter den TeilnehmerINNEn.  Die Steine des Streitanstoßes damals werden am 19.05. im Club Voltaire  ihre Rolle spielen. Es wird wohl im Club nach der Lesung ausreichend Zeit bei dem einen oder anderen kleinen Roten oder Weißen zur  Wiederaufnahme der Debatte bleiben.

Der im Frankfurter ZAMBON-Verlag erschienene Brugnaro-Lyrikband “Eine Faust voll Sonne”enthält die “linearen” Übersetzungen seiner ÜBERLEBENSGEDICHTE.  Ich werde jedoch bei einigen Gedichten nicht die aus dem Buch sondern meine nicht-linare Übersetzung / Nachdichtung vortragen  und den Grund dafür gerne nach der Lesung erklären.

Hier und jetzt  lasse ich aber lieber einen über Ferruccio Brugnaros Werk schreiben, der ihn viel besser kennt als ich: Franceso Moisio:

Die Gedichte von Ferruccio Brugnaro

 Eine Sammlung der Gedichte Ferruccio Brugnaros bringt vor Allem erst einmal die Schwierigkeit mit sich, den Autor zu klassifizieren. Denn nur schwer passen sich dieser Poesie die Kategorien der italienischen literarischen Tradition an und es will unmöglich erscheinen, sie dieser oder jener Strömung zuzuordnen, in der sich poetisches Schaffen im Laufe der Zeit ausgedrückt hat.

In diesem Sinne sind – durchaus bemerkenswerte – Versuche unter­nommen worden, eine Verbindung zwischen dem Humus, aus dem Brug­naros Poesien gewachsen sind und den neorealistischen Erfahrungen in der Literatur der italienischen Nachriegszeit 1945-1956 herzustellen. Wir fühlen uns jedoch entgegen dieser Studien animiert, auch andere Wur­zeln der literarischen Produktion seit den 60er Jahren zu betrachten, die sich jenseits der Strömungen in der Kultur der herrschenden Klasse ent­wickelten und die uns wichtige kritische Begründungen dafür liefern, das lange Schaffen Brugnaros als ein singuläres Phänomen im Rahmen der heutigen italienischen Literatur zu betrachten.

 

Literatur in der Arbeitswelt

 

In der Geschichte der italienischen Literatur werden die industrielle Revolution und das Erscheinen des modernen Arbeiters erst mit enor­mer Verspätung registriert. Paradoxerweise geschieht dies in einem der Hauptwerke des katholischen Romantizismus, in dem zwei Textilarbei­ter zu Protagonisten des Romans werden, die, natürlich, aus dem christ­lichen Blickwinkel des Interesses für die Armen betrachtet werden.

 

In den letzten dreißig Jahren des 19. Jahrhunderts wecken dann die sozialen Probleme – aufgrund der Konzentration großer proletarischer Massen in den neu entstehenden industriellen Zentren – das Interesse kleiner intellektueller Gruppen, die aber dem Aufkommen einer be­wussten und organisierten Arbeiterklasse kaum Aufmerksamkeit wid­men und auch menschlich nur lose am Leben der Untersten, des Subpro­letariats, beteiligt sind.

 

Die Schriftsteller des Verismus sind am Industrieproletariat völlig desinteressiert, sie befassen sich hauptsächlich mit den regionalen Eigenarten der bäuerlichen Welt, die bis zum ersten Weltkrieg in Italien die größte Bevölkerungsgruppe darstellte und deren Realität literarisch oft als Schicksal der Besiegten in ihrer sozialen Unbeweglichkeit betrachtet wurde.

 

Alle diese verschiedenen Äußerungen literarischer Aufmerksamkeit für die Arbeitswelt entstehen und drücken sich außerhalb ihrer selbst aus, und wenn schon die Welt der Bauern im Laufe der Jahrhunderte eine Art eigenes kulturelles Erbe aus der Folklore geschaffen hatte, so galt dies doch nicht für das Industrieproletatriat und die Arbeiterklasse, die bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts keine autonome litera­rische Stimme hatten.

 

Von diesen literarischen Erfahrungen – welche in der narrativen Li­teratur eine wichtige Rolle spielten, in der Poesie jedoch mehr oder we­niger inexistent blieben – findet sich im Werk Ferruccio Brugnaros keine Spur.

 

Die Diskussion gewinnt aber an Tiefe, wenn wir nach den Beziehun­gen seiner Poesie zu derjenigen im direkten zeitlichen Umfeld schauen.

 

Der Zweite Weltkrieg, und für Italien insbesondere der zwanzig Mo­nate lang andauernde Befreiungskampf aus dem Nazifaschismus, hat die sozialen und kulturellen Beziehungen zwischen den Klassen tief ver­ändert: die vom Proletariat in diesem Kampf übernommene Rolle hat bewirkt, dass – nach dem Ende des Konfliktes – Arbeiter und Bauern nicht mehr dazu verdammt sind, sich als ewige Widersacher gegenüber­zustehen. Und die Arbeiterklasse drängt nunmehr nach der Rolle der herrschenden Klasse und ist, auch wenn sie dieses Ziel nicht erreicht, in jedem Fall Protagonist im politischen und sozialen Leben des Landes, obschon sie manchmal am überkommenen Fehlen von Werkzeugen der Kommunikation und des kulturellen Bewusstseins leidet.

 

Das Kriegstrauma, die moralische Krise aus der sich Italien mit dem Befreiungskampf mühsam erholt, hat die Intellektuellen tief beeinflusst, die meistens aus kleinbürgerlichen Schichten stammen. Im Widerstand haben die Intellektuellen neben dem Proletariat gekämpft, aber nicht mehr in einer natürlichen, führenden Rolle: die Intellektuellen haben im Proletariat die politische Organisationsfähigkeit und die Perspektiven für die Zukunft erkannt, im Hinblick auf eine soziale und moralische Erneuerung der gesamten Gesellschaft.

 

Von diesen Intellektuellen – von den Männern der Filmwelt, der bil­denden Künste, der Literatur und der Dichtung – stammt die starke und hervorragende Strömung des Neorealismus, die auch von politischen, wirtschaftlichen und gewerkschaftlichen Organisationen des Proletari­ats unterstützt wird. Ohne den ausländischen Leser hier mit ihn wenig interessierenden Definitionen aufhalten zu wollen, möchten wir aber be­tonen, dass der Neorealismus in seinem kurzen Leben eine Variante des Populismus war – und zwar die national-populäre Variante – welche die Geschichte und Kultur des gegenwärtigen Italiens sicher nicht nega­tiv beeinflusst hat. Der Schriftsteller Asor Rosa4 schreibt: „Der Populis­mus als Tendenz zeigt sich im Allgemeinen bei jenen Schriftstellern oder Strömungen, welche den Horizont einer nationalen Literatur im Auge behalten und sich mit dem Problem der politischen und ideologischen Hegemonie befassen“.

 

Bei diesen handelt es sich um eine „sehr lebendige intellektuelle Schicht, der es nicht gelingt, zu einer politischen Klasse5 zu werden und die deshalb ihre gesamten progressiven Ideen in eine Mythisierung des Volkes“ steckt.

 

„Welche sind grundsätzlich die Eigenschaften des Populismus ?“ fragt sich Asor Rosa und fasst zusammen: „Die Überzeugung, wenn auch in verschiedenartigen Abstufungen, dass das Volk in sich positive Werte besitzt, die von Fall zu Fall der korrupten Gesellschaft, der Un­gerechtigkeit des Schicksals und der Menschen oder auch der brutalen Gewalt der Ungleichheit entgegenzusetzen sind“.

 

Die von Asor Rosa so klar gelieferte Definition des Populismus lässt jedoch die Zweideutigkeit unberührt, die dem Begriff Volk selbst eigen ist. Und wenn wir hier diesen Aspekt der Kritik aus dem Munde von Asor Rosa erwähnen, so wollen wir doch nicht die ganze Geschichte dieses Begriffes aufrollen – von den gegensätzlichen katholischen und weltlichen Idealisierungen der Romantik, bis zu denjenigen der Demo­kratie zu den Zeiten des italienischen Risorgimento im 19. Jahrhundert, von der angeblichen Objektivität der Veristen bis zu den verschiedenen Selbstannahmen der Volksvertreter im 20. Jahrhundert – trotzdem er­scheint uns zweckmäßig, zu bemerken, dass die italienische Literatur nach den Jahren des Widerstandes eine gewandelte Realität widerspie­gelt, in der sich das Konzept „Volk“ klärt und seinen wesentlichen Kern freilegt: der exakte und unmissverständliche Begriff der Klasse findet Eingang in die Literatur.

 

Nicht mehr als Demütige, Besiegte, nicht mehr nur einfache Bau­ern, nicht mehr nur passive oder untätige Objekte, sondern aktive und militante Subjekte der Geschichte. Aber wieder einmal mehr wird die Arbeitswelt – nunmehr überwiegend industriell – nur von außen dar­gestellt, sie repräsentiert sich nicht selbst, findet jedoch mit zarten und furchtsamen Stimmchen Eingang in die Poesie, ohne jedoch ein nationa­les Echo auszulösen.

 

In den Jahren nach 1960 bedeutet die politische Niederlage der fort­schrittlichen Demokratie in Italien das Ende des Neorealismus in der Filmwelt und das Verschwinden der national-populären Literatur, die auf kultureller und künstlerischer Ebene eine Projektion dieses Fort­schrittes gewesen war. Es entstehen, was die Darstellungen der Indus­triewelt angeht, komplexere Thematiken, als die optimistische und grundsätzlich einfache Vision aus den Zeiten nach dem Befreiungskrieg im Widerstand.

 

In den Romanen von Ottieri, Volponi, Levi, Bianciardi8  existiert die große moderne Fabrik nicht nur als Ort der Entfremdung (ein Begriff, der oft weiter gefasst ist, als die Definition von Marx); die Fabrik, nicht mehr der Mensch, ist der echte Protagonist und der Moloch, der den Menschen zusammen mit der ihn umgebenden Gesellschaft auffrisst.

 

Ohne verlässliche Fixpunkte und von unvorhergesehenen sozia­len und produktiven Entwicklungen verwirrt– die innere Emigration, die explosionsartige Entwicklung der Chemieindustrie im Vergleich zu der Metallverarbeitung und der Maschinenherstellung, das Ver­schwinden überholter Produktionsmethoden und die neue Arbeitsor­ganisation – gaben die Schriftsteller jegliches Interesse für das Thema Arbeit auf.

 

Finanziell konsolidiert und politisch stabil feiert der italienische Ka­pitalismus in der ersten Hälfte der 60er Jahre die Segnungen des Kon­sumismus, wobei es ihm gelingt, die latenten Gegensätze einer solchen Entwicklung auszugleichen. Auf literarischer Ebene dominiert die herr­schende Ideologie der herrschenden Klasse9 und doch entwickeln sich in­nerhalb dieser soliden Struktur neue Bewegungen, mit neuen Anforde­rungen, die nicht nur wirtschaftlicher, sozialer und politischer Art sind, sondern auf die gesamte Gesellschaft Einfluss nehmen, auf die Sitten, auf die Beziehungen zwischen Leben und Kultur, auf die Art und Weise, wie sich aberhunderte von Frauen und Männer äußern, die in der Ver­gangenheit keine eigene Stimme hatten.

 

Innerhalb dieser neuen realen Welt die aus Italien ein modernes in­dustrielles Land macht, entwickelt sich, noch vor dem Ausbruch der Ar­beiter- und Studentenkämpfe der Jahre 1968 bis 1970, die künstlerische Kreativität der Arbeiter.

 

Ohne unmittelbare Bindungen zur Kunst- und zur Literaturtradition der herrschenden Klasse, benutzen diese kreativen Erscheinungen hem­mungslos die gegensätzlichsten Ausdrucksarten, ohne sich oft auf die normalen Strukturen des Kulturmarktes zu stützen und indem sie eben­so oft ganz neue, eigenständige Strukturen schaffen.

Allmählich beginnen Namen und Texte von Vincenzo Guerrazzi, Lu­igi Di Ruscio, Tommaso Di Ciaula, Egidio Ferrero10in den Fabriken, in den Schulen und den besetzten Universitäten zu kursieren. In Marghera, bei Venedig, bei den Arbeiteraufzügen, den Versammlungen, zwischen Tausenden von Flugblättern über den Kampf und die Themen der po­litischen Debatte, erscheinen dann auch – als Flugblätter – die Gedichte von Ferruccio Brugnaro.

 

Dichtung und Fabrik

 

Ferruccio Brugnaro ist kein Unbekannter bei den Teilnehmern der Aufzüge, den Protagonisten der Arbeiterversammlungen: denn er ist einer der Gewerkschaftsführer des Petrolchimico, des großen Industrie­konzerns welcher – von den 50er bis zu den 90er Jahren – das produktive und soziale Leben im Veneto geprägt hat.

Diese Dichtung, die in der Fabrik geboren zu sein scheint, diese dann aber verlässt, macht zu allererst seine Arbeits- und Kampfkollegen stut­zig, denn sie verstehen, dass diese harte Versen, ohne rhythmische oder lexikalische Zugeständnisse, das sagen, was sie oft selbst nicht in der Lage sind in Worte zu fassen; diese Verse verunsichern auch diejenigen, welche sich ideologisch bei ihren Forderungen in den Schulen und in der Kultur mit Recht auf die Arbeiterklasse beziehen, obwohl sie die mate­riellen Bedingungen, in denen sich die Entfremdung der Persönlichkeit des Arbeiters darstellt, nur völlig unzureichend kennen. Und die Verbrei­tungsart selbst der ersten Verse von Brugnaro scheint ihre Instrumenta­lisierung beim Klassenkampf zu rechtfertigen, scheint die gönnerhafte Aufnahme durch die „Arbeitsexperten“ in den offiziellen Kulturkreisen zu rechtfertigen: Brugnaro wird einer neuen typologischen und kulturel­len Kategorie zugeteilt, derjenigen des „Arbeitsdichters“.

Und doch befreit in jenen Jahren die leise Stimme von Andrea Zan­zotto die Dichtung von Brugnaro aus solchen Stereotypen und beginnt eine kritische Erörterung zu liefern, die erst viele Jahre später dann er­neut aufgenommen werden wird. „In der Poesie von Brugnaro erscheint eine Umgebungswahrheit die sich entsetzlich derjenigen des Krieges nähert: und dem wahren Leben in der Fabrik …heutzutage… In jenen Versen finden wir die kalten Vormittage der Hölle, nach den Schichten, nach dem Rauch und nach dem Lärm, die einen aufbrauchen, den langsamen Tod, die undefinierba­re und unaufhaltbare Veränderung der Menschen, die zu einer leblosen Sache werden. Man erlebt also, nach heutigen Begriffen, eine ähnliche Erfahrung wie die des Dichters Ungaretti in den Gräben des Carso im 1. Weltkrieg, eine umso radikalisiertere Erfahrung, die nunmehr überhaupt nicht als außergewöhnlich erscheint, die nunmehr von Banalität durchdrungen ist, mit einer vagen Ah­nung von Endlosigkeit, eine Erfahrung der Verwandlung schlimmer noch als in Stein, in Chemieplastik. Die Fabrik, wie sie uns von Brugnaro vorgestellt wird, ist der heutige Ort menschlicher Verneinung , wie die damaligen Kriegsgräben bei Ungaretti ….

In diesem Bilde gibt es aber auch Unterscheidungsmerkmale. Denn die Fab­rik ist ja – grundsätzlich – ein positiver Ort, der es dem Menschen gestattet, zu produzieren, etwas zu geben, sich also zu befreien und die anderen zu befreien: sie wäre der Sitz einer natürlichen Vitalität, mehr als man dies zugeben will. Die Fabrik ist nicht der Graben in der Kriegszone. Und wenn sie etwas Schlim­meres als ein solcher Graben werden sollte, dann ist dies auf die vernichtende Kraft der sozialen Strukturen zurückzuführen“.

Selbstkritisch – wenn Selbstkritik hier überhaupt am Platz sein kann – könnten wir sagen, dass die Gedichte Brugnaros für uns eine Art Tage­buch der Fabrik darstellten, in welchem der Dichter – unter dem Einfluss des sich ständig wiederholenden Arbeiteralltags – die Unausweichlich­keit eines Schicksals beschreibt, ohne Ende und Sinn.

Wenige Jahre später wurde eine von Tagesaktualität und Umständen befreite Lektüre möglich, als seine Verse in einem Band gesammelt12 und veröffentlicht wurden, wodurch eine breitere thematische und stilisti­sche Auseinandersetzung mit einem mittlerweile umfangreichen poeti­schen Werk möglich wurde, die gestattete, nach und nach die individu­ellen und stilistischen Besonderheiten zu entdecken, die aus der Poesie Brugnaros einen literarisches Phänomen machen, das in der heutigen italienischen Literatur einmalig ist.

Und wir bemerkten dabei das Paradox, dass in der Poesie von Brug­naro die Fabrik nicht existiert. In seinen Versen liest man nie, wie gear­beitet wird, welche Materialien und welche Werkzeuge benutzt werden, was man produziert (nur einmal wird PVC erwähnt): in seiner Dichtung ist die Fabrik ein Ort, an welchem der Mensch unter Zwang steht, der ihn mit einer nur mäßig metaphysischen Immanenz bedroht. Aber es ist der Mensch, nicht die Fabrik, die im Zentrum der Dichtung von Brug­naro steht.

Dieser Standpunkt wischt ein für alle Mal die Versuche vom Tisch, Brugnaro im Rahmen der offiziellen Literatur bequem zu etikettieren und – mal mehr und mal weniger bewusst – zu marginalisieren.

Franceso Moisio, April 2006

19.05. Club Voltaire Frankfurt /Kleine Hochstraße

Lesung im Rahmen Europäischen Poesie-Festivals

Gedichte von Ferruccio Brugnaro,  dem venezianisch-mestrisch-margheranischen Arbeiter/Fabrik-Poeten

Ferruccio wird sie in Italienisch lesen und HaBE in seiner deutschen Nachdichtung / nicht-linearen Übersetzung. Zur Frage der richtigen Übersetzung von Lyrik – und hier besonders der Gedichte von Ferruccio Brungnaro –  kam es bei den vergangenen Europäischen Poesie-Festivals im Frankfurt zu tiefgreifenden, essentiellen Auseinandersetzungen unter den TeilnehmerINNEn.  Die Steine des Streitanstoßes damals werden am 19.05. im Club Voltaire  ihre Rolle spielen. Es wird wohl im Club nach der Lesung ausreichend Zeit bei dem einen oder anderen kleinen Roten oder Weißen zur  Wiederaufnahme der Debatte bleiben.

Der im Frankfurter ZAMBON-Verlag erschienene Brugnaro-Lyrikband enthält die “linearen” Übersetzungen.  Ich werde jedoch bei einigen Gedichte nicht die aus dem Buch sondern meine nicht-linare Übersetzung / Nachdichtung vortragen  und den Grund dafür gerne nach der Lesung erklären.

19.05. 2016  Club Voltaire Frankfurt /Kleine Hochstraße – (wer vom U-Bahnhof Opernplatz kommt muß in die Freßgasse Richtung Hauptwache gehen und in der Fressgasse (nach Überqueren der stark befahrenen Hochstraße)  in die Kleine Hochstraße nach links abbiegen , der Club befindet sich nach ca 25 Metern auf der linken Seite.

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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