Nachruf für meinen Freund Julius Mende (KPÖ)

Umgebracht hat auch die Führung der KPÖ den Julius mit der Einstellung des theoretischen Organs der KPÖ , dessen Herausgeber er war. Die Parteiführung hat nicht nur die KPÖ faktisch vernichtet (2007 bis auf wenige – aber hoffnungsvolle Reste im Raum Graz).
DEM JULIUS
ZUM ENDE &
ZUM MUTMACHEN

du bist gegangen und hast die Schlüssel weggeworfen
und mir nicht einen Ton davon gesagt
Du hast uns in Dein Haus im Waldviertel
und das in Wien
nun ja, da wars nur eine Bell’ étage

(wenn man’s so nennen will)

am Schloss Bellevue
im Jugendstil
mit weiten Armen aufgenommen
obwohl du uns doch gar nicht kanntest
obwohl wir uns das erste und das letzte Mal
vor nun schon über 30
in den Um- und Aufbruchs-Jahren
in Frankfurt
auf der Buchmesse begegnet waren.
Du hast uns Wien geschenkt
wir haben es genossen.
Ich weiß
du hälst den Rückwärtslauf der Welt nicht auf
und wir, wir schaffen es
genau so wenig
ALLEIN:
Zusammen aber hätten wir’s geschafft
wir hätten uns
Du hättest dich
mit uns zusammen aufgerafft.
Die KPÖ ist eh perdue
wir hätten eine neue aufgebaut
und etwas Kaltenegger Graz dazu getrunken.

Und Julius
ich verspreche dir
ich mache lange noch nicht Schluss
wir haben schrecklich viel
und auch viel Schönes noch zu tun
und du, du machst
von oben oder unten
einfach weiter mit
Wir sind noch lange nicht am Ende
Und grade Dir kann ich es sagen
ich leg sie weder in den Schoß
noch falte ich
die Hände

(auch nicht

für Dich,

für Julius Mende.

der Du von unten oder oben schaust

die eine zeigt den Mittelfinger

die zweite ballt die Faust

HaBE
für Jul und seine Partnerin Bärbel Danneberg, Redakteurin bei der “Volksstimme”, geschrieben – wie mein Freund Werner Pirker, der  Volkstimme-Korrespondent in Moskau war.  Julius, Jörg und Werner haben 1969/70/71 mit mir gemeinsam in der Uhland-Kommune /- der AUSS-Bundes-Vorstands-WG und in dem von uns besetzten,  1938/39 durch den Königsteiner Rechtsanwalt Korte “arisierten” Haus Bäckerweg 4 am Bethmannpark  in EZBankfurt gewohnt, mit den befreiten Jugendlichen aus der Bambule-Staffelberg-Kampagne und den Befreierinnen Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin, Thorwald Proll, Fritz Teufel, Holger Meins, Andreas Baader und Thomas Weißbecker zusammengearbeitet unter dem Schutzschirm von Herbert Faller (Frankfurts Jugend-Dezernent) und der wissenschaftlichen Begleitung durch Professor Mollenhauer und seine Assistenten Friedhelm Nyssen und Egon Becker… um 2001 habe ich Julius nach über 30 Jahren Sendepause im Waldviertel erreicht und er hat mir sofort seine Wohnung in Wien für einen Urlaub angeboten: “Komm hier vorbei und hol dir den Schlüssel!” Er hat ihn mir gegeben, als wir um Mitternacht im Waldviertel nach einer Irrfahrt ohne Navi auf seinem Bauernhof eintrudelten. Trotz der Ermahnung durch seine Familie: “Du kennst den doch gar nicht!” Er ließ uns nicht weiterfahren: “Bleibt’s doch noch zum Frühstück!” Diese Nacht im Waldviertel werde ich nie vergessen!


(Geschrieben am 10.09. 2007 nach dem Lesen der Todes-Nachricht im Feuilleton der jungen Welt. Julius ist auf eigenen Wusch aus dem Leben geschieden, wofür er gezielt Tabletten gesammelt und seine Familie darauf vorbereitet hat. Julius wollte auf keinen Fall zum Pflegefall werden.)

Es war eine unvergessliches Zusammentreffen von österreichischen, meist Wiener Linken in Bankfurt: Lisl Nürnberger und ihre große Schwester von der FNL/SÖS (mit der Angela Davis-Frisur), Jörg Dobrovic, Julius Mende, Werner Pirker und eine Reihe weiterer Waldviertler-, Steiermärker-, Kärntner-innen und außen, vor allem aus den ehemaligen KuK-Kolonien, allesamt Anschluss-Opfer und Faschismus-Überlebende und deren Nachkommen.

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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