Auch wo der Fürst Bischof heißt, haben die Leute nix zu lachen: von Meddel-Grinn und Kämmerzell.

Ei wou simmer doann?
Der Haselbach wird am Dorfeingang, nein am Dorfausgang hin zum Wald am Berg für einen Schafweiher gestaut, in dem nicht nur die Schafe vor der Schur gebadet werden: auch der Gänse-Ziegen-Säuhirt treibt die Schweine von der Waldweide zurück erst mal durch den Schafweiher, damit sie dann die Hofreiten nicht völlig versauen. Die sumpfigen Meander des Haselbaches nutzten die Tiere noch mal für herrliche Schlammbäder, bevor es dann durch die Sauwaschanlage zurück in die SchweineKojen ging.
Sinnvoler Weise wird der Mühlbach schon oberhalb des Schafweihers abgezweigt, weil der Mühlbach auch Waschwasser für die Küchen und Waschküchen liefert. Auch noch bis ins 20. Jahrhundert kam das Trinkwasser aus dem Mühlbach?  Nein, die meisten Häuser hatten ihre eigenen Quellen am Hang oder Ziehbrunnen mit klarstem Grundwasser und die lagen meist oberhalb der Stallungen, damit keine Jauche eindringen konnte. Aus dem Mühlbach wurden die Viehtränken versorgt, die Bauerngärten bewässert, wurden die kleinen UnterflurFutterschrotmühlen angetrieben, hauptsächlich aber die gemeindeeigene AllmendenMühle, die außer Mehl malen auch noch Bretter schneiden konnte, die auch einen Pfannmüller beherbergte.
Der vom Haselbach abgezweigte Mühlbach lief an einem steilen Hang entlang. Parallel zum Mühlbach gab und gibt es einen Weg. Der heißt “Am Mühlstück”. Alles schien eitel Sonnenschein, bis die feudale Obrigkeit die Mühle schloss, den Schafweiher auch, indem er der Gemeinde einfach abgenommen wurde. Wegen Steuerschulden. Im Tal an der Fulda steht die bischöfliche Bannmühle (heute noch, nur gibts jetzt Strom stattMehl und der Bischof  ? Heißt der Fürst jetzt EON?), da sollen die Bauern hin und zahlen, zahlen, zahlen. Der Bannmüller ist nicht der Pfannmüller. Der Bannmüller ist verhaßt: “Lauf, Müller, lauf …”. Über ihn werden Spottlieder gesungen.   Die Gemeinde zahlt mit Wasserrechten, Waldrechten, Holzrechten, Waldweiderechten, Mahlrechten, Fischrechten, ja richtig gelesen – nicht Menschenrechte sondern Fischrechte. Eigentlich heißt das Fischereirechte und bezieht sich auf Forellen, Hechte, Karpfen, Zander … Die haben nämlich die Bauern und Handwerker im Schafweiher gezüchtet und aus dem Haselbach gefischt. Aber das wurde dann feudales Privileg. Die Bauern durften keinen Fisch mehr aus dem Haselbach holen, keine Fischteiche anlegen. Die Bauern zahlen mit ihren Äckern und Hofreiten. Sie zahlen sich FREI und landen in der fürstlichen Schuldknechtschft, wenn sie nichts mehr haben, dann geht es in die Fron- und Lohnarbeit für die fürstlichen Gewerke. Steingut, Bier, Möbel, Eisenhammer, Fleischfabriken,namens Domänen, Molkereien …  gegen die sich die Bauern ihre genossenschaftlichen Molkereien aufbauen, die sie dann so um 1960 wieder verlieren, weil sich die IHRE Genossenschaftsbank unter den Nagel gerissen und sie an Lebensmittelkonzerne verramscht hat. Und die zahlen den Bauern vielleicht etwas Sterbegeld und nennen sich ALDI oder LIDL oder NORMA … Und sie zahlten für die Befreiung aus der Fron und Leibeigenschaft zum Teil bis 1900 und länger.

Wer jetzt meint, das alles spielt in Mittel-Gründau, der hat nur zur Hälfte Recht: die feudale Obrigkeit in diesem Ort war nicht der Fürst von Isenburg-Büdingen, der Haselbach fließt dort nicht in den zur Gründau verlängerten Litterbach, der Weg mit dem Namen “Am Mühlstück” geht nicht von Emils Miniweinberg aus die Wagnershohle kreuzend dann als Obergasse/Alte Schulstraße bis zur Kirchgasse, die erst in Haupt- und dann 1974 in Haingründauer Straße umbenannt wurde. Die feudale Herrschaft heißt hier Bischof und thront in Fulda. Und in Kämmerzell fließt auch der Haselbach in  den Oberlauf der Weser, die hier noch Fulda heißt.  Viele Auswanderer aus dem Ort sind nicht erst bis nach Bad Karlshafen gewandert, um von dort nach Bremen zu schippern und sich dort einen Frachter für sdie Flucht vor Hunger und Zuchthaus in die Staaten zu nehmen. Manchmal gings ganz schnell auch direkt von Kämmerzell.

Aber sonst ist fast alles das Gleiche in Meddel-Grinn und Kämmerzell. Gell?!

Nur können die Einwohner von Kämmerzell an der Fulda derzeit nicht ihre Holzrechte gegen drei österreichische Wald-Großunternehmer einklagen wie es die Gründauer könnten und wie es der Magistrat hoffentlich bald Mal macht. Denn die diese GlobalHolzPlayer vernichten gerade all das an Wald, was der Büdinger den Gemeinden in über 800 Jahren an AllmendenWald gestohlen hat. Der Konkursverwalter des pleitegegangenen Fürstenhauses (mit immer noch üppigen Kolonial-“Besitzungen” in Afrika und Südamerika) hat sich einen Dreck um die immer noch gültigen Holzrechte der Gemeinden gescheert. Aber wo kein Kläger, da kein Richter… Lieber Heiko Merz, das ist kein Scherz !!! Das ist unser Wald!! Das ist unser Wasser!! Und Wald und Wasser ist Leben! Eben!! Es geht um unser Leben!!

Vor der Gebietsreform haben sich die Orstbürger und ihre Bürgermeister ( na ja Bürger waren sie ja nicht, es waren Dörfler, die nicht am Hofe an der Burg wohnen durften. Nur wer das Wohrecht in der Vorburg hatte -als zum Beispiel die Büdinger, das waren echte Bürger – alles andere waren Bauern und Gesinde(l), Knechte und Mägde und vaterlandslose vogelfreie Wanderburschen, Wanderjuden, Zischeuner, Bettler, Tagediebe und Tagelöhner)  also vor der gebietsreform haben sich die Ortsbürgermeister um die Holzrechte, die Weiderechte, die Fischereirechte und die Allmenden insgesamt gekümmert. Das waren Verträge, die nicht einmal nachgelesen werden mussten, die wurden müdlich weitergegeben und schließlich konnten die Bürgermeister kaum noch an die Dokumente heran, weil sie in fürstlichen Archiven lagen (in Büdingen) oder in fernen Staatsarchiven wie dem in Kassel oder in Marburg. In Marburg lagern die Baupläne aller Alten Häuser Mittel-Gründaus, selbst die Besitzer der Häuser kommen wenn überhaupt nur sehr mühsam daran.  Um die rechte der gemeinden gegen die alte und neue Obrigkeit -ob nun Feudal- oder Geldadel ist egal- überhaupt auszugraben, braucht man Historiker und Juristen:
Mittel-Gründau und seine nachbargemeinden haben da ziemlich Glück: es gab einen Haingründauer Pfarrer, der gegen Ende des 19. jahrhunderts angesichts der um sich greifenden Armut der Dörfer sich um die alten rechte gekümmert hat: in einer Denkshcrift an den hessischen Landtag macht er sie auf über hundert Buchseiten geltend. Diese Denkschrift könnte die Grundlage sein für eine Klage der Gemeinde Gründau gegen die Konkursverwalter und die jetzigen Besitzer der fürstlichen Wälder. Denn es ist vielleicht ihr Besitz, weil sie wie der Name schon sagt, den Wald besetzt haben, aber es ist eigentlich nicht ihr rechtmäßiges Eigentum.

In den letzten Jahrhunderten haben sich die bauern und ihre Dorfschultheißen und Bürgemeister an das reichskammergericht in Wetzlar gewendet oder direkt an den Kaiser und sie bekamen dort oft Recht.

Kurt Uffelmann hat nicht geträumt, er war auch nicht als Schlafwandler aus Versehen in Kämmerzell kurz bevor er mir sagte: Wenn die Oberdörfer  Morgens zur Bahn mussten, dann sagten die immer: wir nehmen die Abkürzung übers Mühlstück! Und dann sind die hinter den Hofreiten den Weg bis zur Wagnershohle gerannt und die Wagnershohle hoch über den Mühlrain Richtung Bahnhof!”

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert