Public Private Partnership in Hanau? „Lassen Sie die Finger davon!“

Bericht über die Veranstaltung mit Dr. Werner Rügemer am 11.5.2010

Die Risiken, die damit verbunden sind, von privaten Investoren öffentliche Gebäude bauen zu lassen, um sie durch die Stadt Hanau zu mieten, schilderte der Kölner Publizist Dr. Werner Rügemer eindringlich. Auf Einladung der Innenstadt AG des Hanauer Sozialforums, der Gewerkschaft ver.di, von attac, den Parteien Die Linke und DKP sowie der Rosa-Luxemburg-Stiftung berichtete Rügemer in einer mit rund 70 Gästen gut besuchten Informationsveranstaltung von den schlechten Erfahrungen, die in anderen deutschen, aber auch britischen Städten mit „Public Private Partnership“- Projekten bereits gemacht wurden. In Hanau sind solche „PPP“-Projekte im Rahmen des Wettbewerblichen Dialogs geplant: So sollen eine neue Stadtbücherei und ein Brüder-Grimm-Zentrum vom Investor gebaut und dann an die Stadt vermietet werden. „Schon nach fünf Jahren wird deutlich: Es wird meist doppelt so teuer, als wenn die Kommune selbst gebaut hätte“, erläuterte Rügemer. Dies hätten beispielsweise die Landesrechnungshöfe und der Bundesrechnungshof in einer gemeinsamen Stellungnahme moniert. Städte müssten in der Regel Kredite aufnehmen, um die Mieten, die für einen Zeitraum von 30 Jahren festgelegt werden, aufbringen zu können. Dadurch fielen doppelt Zinsen an: nämlich für den Kredit und in den Mietpreisen, in die ebenfalls Zinsen eingerechnet würden.
Wenn der Investor eine Bibliothek gebaut habe, verkaufe er den Mietvertrag an eine Bank und vereinbare „Forfaitierung mit Einredeverzicht“. Dies bedeute, dass die Kommune keine Ansprüche auf Mietminderung habe, wenn sich Baumängel an den neuen Gebäuden herausstellten, was leider sehr oft der Fall sei.
Dr. Rügemer wies darüber hinaus darauf hin, dass für den Fall von Streitigkeiten zwischen Investoren und Kommunen Schiedsgerichte angerufen würden, die sich aus Vertretern des Investors, der Kommune und der Industrie- und Handelskammer zusammen setzten: „Das kommt einer Privatisierung der Justiz gleich, denn die Sitzungen der Schiedsgerichte sind nicht öffentlich“, so Rügemer. Zudem zögerten Investoren das Zustandekommen der Schiedsgerichte oft lange hinaus und drängten auf Vergleiche: „Die Städte bleiben dann auf den Kosten für die Mängelbeseitigung sitzen.“
Eine weitere Begleiterscheinung von PPP-Projekten sei die Geheimhaltung der Bau- und Betreiberverträge, erklärte der Referent. „Die Stadtverordneten wissen gar nicht, worüber sie abstimmen und welche Kosten auf die Stadt zukommen. Sie entmündigen sich damit selbst“, kritisierte Rügemer, der den Hanauer Bürgern riet, die Offenlegung aller Verträge zu fordern und abschließend sagte: „Es ist besser, wenn die Stadt Hanau die Stadtbibliothek und das Brüder-Grimm-Zentrum selbst baut und betreibt. PPP löst keine Probleme – mein Rat ist: lassen Sie in Hanau die Finger davon!“

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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