Schrille Nacht, eisige Nacht … die Büdinger Stille Nacht oder wie der Hochadel uns unsere Geschichte raubt und wie die Frankfurter Rundschau sich erst vorwagt, um dann vor dem Fürsten den Kotau zu machen

Literatur

BÜDINGER STILLE NACHTvon Hartmut Barth-Engelbart ….

so titelte die neue rheinische zeitung am 12.12. 2006 das Lied, das auf dem Hintergrund drohender Abrisse, Schliessungen und kulturvandalistischer geheimer Verkäufe auf dem Kunstmarkt auf dem ausgeschlossenen Büdinger Weihnachtsmarkt als „Rohling“ entstand. Das Fürstenhaus hat die mit sanftkritischen Tönen unbotmäßig gewordenen Untertanen in Büdingen damit bestraft, dass der Weihnachtsmarkt 2006 nicht im Marstall stattfinden durfte. Mittlerweile ist die denkmalgeschützte fürstlich Ysenburg-Büdingensche Domäne Weiherhof längst abgerissen, Betriebe sind abgewickelt oder verkauft, große Teile des Archivs sind auf dem Kunstmarkt verscherbelt worden, (Lokal-)Historikern wird der Zugang zum Archiv verwehrt. Eklatante Rechtsverstöße: nach Fidei-Kommiss-Recht dürfen die Archivalien als Kulturgüter nicht verkauft werden und die Archive müssen für die Forschung zugänglich bleiben… Der von den Büdingern zusammengeraubte Forst (einer der größten privaten mitteleuropäischen Waldbesitze) wurde gegen geltende kommunale Waldnutzungsrechte an einen östereichischen HolzKonzern verkauft, der jetzt sogar dem VHC (Vogelsberg Höhen Club) den Zugang verweigerte, den sich der VHC für die Nutzung seines Wanderwegenetzes gerichtlich wieder einklagen musste. Nach der gerichtlichen Niederlage der Neubesitzer scheinen sich diese jetzt mit der Zerstörung der Wanderwege durch ihre monströsen „Erntemaschinen“ zu rächen- so jedenfalls äußern sich zahlreiche VHC-Mitglieder. Außerdem werden viele Wege jetzt durch geschlagene Bäume versperrt. VHC-Mitglieder sprechen von gezielten Racheakten und von Waldzerstörung … Noch könnten die Kommunen gegen die fürstlichen Waldverkäufe klagen und sich dabei auf seit dem 14.Jahrhundert geltende Rechte berufen.. Darüber forschte ein Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtages bereits 1867 und der Abgeordnete und Haingründauer Pfarrer Ellenberger  hat für diesen Ausschuss eine über 100-seitigen Untersuchungs-Bericht geschrieben . Für die Untertanen ist das Zurechtfinden im Gewirr der Ysenburger Linien ziemlich schwer: wer ist wofür verantwortlich zu machen: die Schließung des Porzellanwerkes Lichte in Thüringen geht auf das Konto der Wächtersbacher Ysenburger, die kurz vor der Schließung knapp nach der Wende über 5 Millionen DM für die Sanierung des ehemaligen VEB kassiert haben und dann dem Dorf Lichte das Licht ausdrehten – so berichtete mir das der Betriebsrat des Werkes, als er mit einer Bitt-Prozession in Wächterbach am Schloss erschien, um den Fürsten um Gnade zu bitten – vergeblich… Für die LICHTER hatte ich damals ein „Bitt-Lied“ geschrieben: „Sie im Glanz und wir im Dunkeln, … Für die Herren Solisegen  unser Lichte steht im Regen… lässt sichs im Schatten von dem Lichte glänzend mit dem Soli munkeln ….Man bedient die Herrn im Dunkeln wir in Lichte kriegen nichts… /(leider ist das Lied verloren gegangen, ich muss es rekonstruieren)
Als Paradebeispiel für das Einknicken einer Redaktion vor dem feudalen GeldAdel können zwei Artikel  der Frankfurter Rundschau zum Thema gelten: einer war kritisch gegen das fürstliche Verscherbeln von Kulturgut geschrieben am 23.03. 2006, der nächste am 25.03. 2006 eröffnete eine ganze Artikelserie mit Lobhudelei über das Fürstenhaus:

http://www.barth-engelbart.de/?p=44

“Gut 800 Jahre lang haben die Menschen rund um Wächtersbach und Büdingen von und mit den Fürsten Ysenburg und Büdingen gelebt .” (aus dem Vorspann des FR-Artikels “Abstieg der Fürsten beunruhigt die Region” /”Verarmter Adel” – eine Kurzserie der FR (FR vom 25.03.2006 auf Seite 29) Dies ist ein erboster Kommentar zur Berichterstattung und Recherche des SPD-Flaggschiffes FR von einem, der durch jahrzehntelanges Studium der Geschichte der sozialen Lage und der Demokratie in der Region zur genau gegenteiligen Einschätzung kommt. Am Ende dieses Artikels befindet sich ein weiterer:
“FÜRSTENHERRLICHKEIT aus FRON-& ZWANGSARBEIT”

BÜDINGER SCHRILLE NACHT
Schrille Nacht, eisige Nacht
FRAPORT bringt mit Vorbedacht
Düsenlärm durchs Dachfenster rein
(es darf noch so gut schallgedichtet sein!)
christ- und muslimkind schlafen nicht ein
auch du findst keine Ruh
auch du findst keine Ruh

Schrille Nacht, eisige Nacht
der Fürst hat alles durchgebracht
Eisenhammer und Wächtersbach,
der WIBAU trauern wir heute noch nach
was kommt noch dazu
was kommt noch dazu

Schrille Nacht, eisige Nacht
auch der Marstall ist dicht gemacht
vor dem Schloss hängt ein Vorhängeschloss
der Fürst muss runter vom hohen Ross
doch der fällt sehr weich
er ist noch immer sehr reich

Schrille Nacht, eisige Nacht
kein schwarzer Schilling wird ihm gebracht
der heilige Roland hilft auch nicht mehr
er nahm schon unsere Steuern her
13 Millionen verbraucht
von Franz von Erbach durchlaucht

Schrille Nacht, eisige Nacht
wenn ein Fürst mal Pleite macht
hat er die Schäfchen noch nicht mal bei Nacht
über den Teich ins Trockne gebracht
die Sippe steht bis zu den Knien
im Reichtum der ExKolonien

Schrille Nacht, eisige Nacht
uns hat er um Wald und Flur gebracht
und sonnt sich in Großimmobilien
in Afrika und Brasilien
Konkursverwalter sieht rot
So ists mit der Fürsten Not

Schrille Nacht, eisige Nacht
Hallenbad dicht gemacht
Unterricht-PLUS im Gymnasium
Hilfskräfte halten die Kinder dumm
weil der Fürst nix bezahlt
fehlen die Mittel halt

Schrille Nacht, eisige Nacht
wo Polizei die Augen zu macht
Kunst im Archiv und den letzten Wald
unversteuert verkloppt nix bezahlt
auch die Rentkammer ist leer
auch die Banken kriegen nix mehr

Schrille Nacht, eisige Nacht
der Denkmalschutz hats gemacht
der Fronarbeit von 800 Jahrn
können sie nicht mehr den Abriss ersparn
10 Generationen beschwörn
wem die Domänen gehörn


In der Frankfurter Rundschau vom 23. März 2006 erschien ein Beitrag, der sich auf
http://archiv.twoday.net/stories/692500/
bezieht und mir erst jetzt bekannt wurde.Fürstenhaus wirft Schätze auf den Markt ;
Finanziell klamme Büdinger Schlossherren verkaufen wertvolle Handschriften an Privatsammler / Gericht droht mit Verlagerung des ArchivsVON ANITA STRECKER (BÜDINGEN)Zu. Verrammelt. Unzugänglich. Vor dem Tor des Büdinger Schlosses hilft auch kein „Sesam, öffne dich!“ mehr. 1,1 Kilometer an historischen Dokumenten – unschätzbare Kostbarkeiten für Historiker und Heimatforscher – liegen seit fast vier Jahren verschlossen im alten Brauhaus des Schlosses, weitere 500 Meter lagern im Bandhaus aus dem 16. Jahrhundert, das vom Alter gezeichnet im Herzen Büdingens steht. Das Gedächtnis von 60 Ortschaften zwischen Büdingen und Gelnhausen, Wächtersbach, Birstein und Meerholz ist weggesperrt. 2002 hat der überschuldete Schlossherr Wolfgang Ernst zu Ysenburg und Büdingen, Generalbevollmächtigter seines ältesten Sohnes und eigentlichen Fürsten, Casimir-Alexander, den letzten hauptamtlichen Hüter des „Fürstlich und Gräflich Ysenburgischen Gesamtarchivs“ aus Geldnot in den vorzeitigen Ruhestand geschickt – und das Archiv kurzerhand zugesperrt.„Ein Skandal“, sagt der Regionalhistoriker Christian Vogel aus Niddatal. Denn was ist, dürfte rein rechtlich nicht sein. Das Gesamtarchiv ist Eigentum einer 1930 gegründeten Stiftung, die als Rechtsnachfolgerin des abgeschafften Fideikommiss aus Feudalzeit Kulturgüter in Adelshand als „unveräußerlich“ bewahrt und festlegt, dass das Archiv für die Öffentlichkeit zugänglich bleibt.Dass das Recht in Büdingen seit Jahren mit Füßen getreten wird, sieht nicht nur Vogel so. „Die Ysenburger Stiftung ist unser Sorgenkind“, sagt Gerhard Knauf, Vorsitzender Richter des Senats Fideikommisse in Kassel, der zum Oberlandesgericht Frankfurt gehört. Als staatliche Aufsicht wacht das Gericht über die Stiftungen der hessischen Adelsfamilien, auf dass historisch wichtige Kulturgüter erhalten bleiben. „Wir haben unsere Probleme damit, dass das Archiv so lange zu ist.“ Seit Monaten stünden der Senat, das Ministerium für Kunst und Kultur und Wolfgang Ernst zu Ysenburg-Büdingen deswegen in Gesprächen. „Ich hoffe, dass sich das Problem alsbald gut regeln lässt.“ Wie, lässt Knauf offen: „Ich will die Verhandlungen nicht gefährden.“

Historiker Vogel treibt noch eine andere Sorge um: Was geschlossen ist, kann nicht kontrolliert werden, und niemand weiß, welche Schätze das Archiv tatsächlich birgt. Oder: noch birgt. Es ist zwar bekannt, dass alle offiziellen Unterlagen aus Büdingen, Wächtersbach und Meerholz dort lagern. „Aber es gibt keine vollständigen Inventarlisten“, beklagt auch Klaus-Dieter Rack vom Staatsarchiv in Darmstadt. Und kaum Findbücher, die bei der Spurensuche helfen könnten. „Das Fürstenhaus Ysenburg-Büdingen verscherbelt Kulturgut“, schlägt der Historiker Klaus Graf vom Aachener Hochschularchiv seit Monaten schon via Internet Alarm. Tatsächlich sind erste spektakuläre Verkäufe publik geworden. Ob die Raritäten jedoch aus dem Archiv stammten oder – ganz legal – aus der Schlossbibliothek, die frei verfügbares Eigentum der Fürstenfamilie ist, darüber streiten sich die Experten.

Leider hat wurde per Gerichtsbeschluss festgestellt, dass die veräußerte Fragmentensammlung Bibliotheksgut darstellt, obwohl sie zuletzt eindeutig als Archivgut galt.

Schillerndstes Streitobjekt ist die reich bebilderte Passionsgeschichte des Franziskanertheologen Johannes von Zazenhausen von 1464, die das Hamburger Auktionshaus Jörn Günter zum unbekanntem Preis von Wolfgang Ernst in Büdingen erstand und für 635 000 Euro an einen privaten Sammler verkaufte. Das Traktat soll einst als Geschenk in das fürstliche Gesamtarchiv gelangt sein. Laut Graf hätte es somit „zweifellos“ unter dem Schutz des Bundes-Kulturgutschutzgesetzes gestanden und nicht einfach verkauft werden dürfen. Jetzt ruht die einzige mit Buchmalerei versehene Handschrift im Tresor eines Privatsammlers.

„Zweifellos“ hatte ich nicht behauptet. Die Beschreibung des Stücks hat es als Teil des Gesamtarchivs bezeichnet und dieses steht zweifelsohne unter dem besagten Schutz.

Sorge um Liederhandschrift

Die Historikersorgen sich auch darum, dass Teile der kostbaren Schönrainer Liederhandschrift aus der Zeit um 1330 alsbald in Privathänden landen könnten. Laut Urteil der Fideikommiss-Gerichtes stammen auch diese Liedüberlieferungen aus dem frei verkäuflichen Bibliotheksbestand. Doch die Blätter sind so rar, sagt Konrad Wiedemann, Leiter der Handschriftenabteilung der Landesbibliothek Kassel, dass sie aus wissenschaftlicher Sicht kostbarer sind als eine Gutenbergbibel, die für zehn Millionen Euro gehandelt wird. „Von der Gutenbergbibel sind 48 Exemplare bekannt. Einige Blätter der Liederhandschrift gibt es nur ein einziges Mal. Es wäre ein herber Verlust, wenn die Wissenschaft keinen Zugriff mehr darauf hätte.“ Noch ist die Handschrift auf dem Markt und Wiedemann hofft, dass am Ende eine öffentliche Sammlung zum Zug kommt.

Ob die Fürstenfamilie weitere bedeutsame Stücke verkauft hat oder Archivbestände in die Bibliothek verschoben wurden und nun frei verkäuflich sind, bleibt Spekulation. Heimatforscher Vogel sieht deshalb „schleunigst“ das Land in der Pflicht, ähnlich wie beim Verkauf des Erbacher Schlosses einzugreifen, um „einzigartiges Kulturgut“ zu retten. Doch das Land weist jede Zuständigkeit zurück. Die Archivbestände seien Eigentum der Familien-Stiftung, sagt Ulrich Adolphs, Sprecher des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst. Die Aufsicht liege allein beim Fideikommiss-Gericht.

„Ob heimlich Dinge aus dem Archiv verkauft wurden, spielt im Streit bisher keine Rolle“, sagt Richter Knauf. „Uns geht es darum, dass das Archiv wieder zugänglich gemacht wird.“ Das Angebot des Hessischen Staatsarchivs in Darmstadt, das Archiv in Obhut zu nehmen, lehnte der Schlossherr ab. Ebenso den Vorschlag des Wetteraukreises, das Archiv der überschuldeten Familie als Kreisarchiv zu übernehmen. Dennoch wird er sich mit dem Gericht einigen müssen: „Wir werden aufsichtsrechtlich alles Erforderliche tun, um die Archivbestände zu sichern“, sagt Knauf. Notfalls werde die Verlagerung der Sammlung angeordnet, was bisher aus Rücksicht auf die leere Kasse der Fürstenfamilie unterblieb. „Die Stiftung müsste die Kosten des Umzugs tragen.“

Bandhaus steht zum Verkauf

Ein Umzug, zumindest der Archivteile aus dem Bandhaus, könnte jedoch schneller kommen, als den Ysenburgern lieb sein kann. Die FR-Information, dass der Fürst das alte Herrenhaus samt Bandhaus im Internet für 950 000 Euro feilbieten lässt, hat Richter Knauf alarmiert. „Das ist ein Anlass, sofort einzuschreiten. Notfalls werden wir die Sammlung sicherstellen.“

Sicher sind die Dokumente im Bandhaus bisher nicht, sagt Historiker Vogel. „Da könnte jeder einsteigen.“ Ob das Haus bei Regen dicht hält, bezweifelt er gleichfalls. Auch der Darmstädter Archivleiter Friedrich Battenberg wies das Land bereits vor anderthalb Jahren auf die unbefriedigende Lagerung der Büdinger Schätze hin. Das Ministerium wiegelt ab: „Das Brauhaus sieht von außen zwar baufällig aus, drinnen liegen die Archivbestände aber sicher in einem Betonbunker“, referiert Ministeriumssprecher Adolphs das Ergebnis eines Ortstermins von Vertretern des Landes sowie des Fideikommiss-Senats. „Die Leute haben sich das Brauhaus angesehen und danach im Schloss Tee getrunken“, spottet Vogel. „Das Bandhaus hat niemand angeschaut.“

Für den Historiker ist es „mehr als mysteriös“, weshalb das Gericht bei den Büdingern so lange still hält. Und das Ministerium regelrecht abtaucht: „Die Fürstenfamilie muss einen sehr guten Stand im Land haben.“ Wolfgang Ernst zu Ysenburg und Büdingen, Schwiegersohn des Ex-Schatzmeisters der Hessen-CDU, Prinz Casimir zu Sayn-Wittgenstein, schweigt. Kein Kommentar, heißt es auf FR-Anfrage. Einer, der Näheres weiß – nicht zuletzt, weil er als einziger neben dem Fürsten die Archiv-Schlüssel besitzt – mag gleichfalls nichts sagen: Peter Decker, der letzte Archivar. Nach seiner Entlassung habe er sich noch ins Zeug gelegt, den „Sesam Archiv“ zu öffnen, sagen Leute, die ihn kennen, inzwischen habe er sich aber offenbar mit dem Fürsten arrangiert. Decker: „Ich bin dem Fürstenhaus gegenüber loyal.“

Ein gut recherchierter Artikel, der Klartext spricht! Einmal mehr zahlen Wissenschaftler die Zeche, wenn der Staat beim skandalösen Treiben der Büdinger wegguckt. Das Fideikommissgericht hat die Pflicht, auch die Zugänglichkeit des Archivs sicherzustellen. Nicht von ungefähr sind die Vorschriften des Fideikommissrechts der einzige im deutschen Recht gewährte Rechtsanspruch auf Einsichtnahme in Privatarchive. Denkmalschutzgesetze mögen zwar den Erhalt garantieren, aber können nicht den Zugang für die Forschung regeln. Wenn ein namhafter Funktionär des Archivwesens wie Norbert Reimann durch die Lande zieht mit Artikeln, jegliche Eingriffe in die Rechte privater Archiveigentümer seien Nazi-Erbe, ist das nur ein weiteres Zeugnis der unseligen Kumpanei zwischen Staat und Eigentümern zulasten der Wissenschaft.

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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