Hanau:Straßenkämpfe&FRmachtDemonstrantenZu”Antisemiten”

Die Polizei ist nicht mehr Herr der Lage. Tausende von Demonstranten haben Barrikaden errichtet. Das Behördenhaus am Heumarkt wurde besetzt und eine Polizeiwache gestürmt. Zur völligen Überraschung der Regierung haben sich Teile der Polizeikräfte mit den Demonstranten solidarisch erklärt und weigern sich “weiter gegen die eigenen Leute vorzugehen” – so ein Sprecher der Befehlsverweigerer gegenüber der “Hanauer Zeitung”… (der Lagebericht bei indymedia enthält noch einige ((sehbeninderungsbedingte Rechtschreib-))Fehler, die hier korrigiert wurden.

Dieser Lagebericht ist (leider) schon etwas älter:
160 Jahre nach der Revolution gibt es zumindest aktuell keine Straßenkämpfe in Hanau
Wo bis vor 10 Jahren noch die Jahnstraße in den Carl-Diem-Weg mündete, den die Stadt mit sozialdemokratischer Parlamentsmehrheit nach Adolf Hitlers Turnerführer benannt hat, der noch Ende Februar 1945 im Berliner Olympia-Stadion rund 10.000 Hitlerjungen in den Endsieg gehetzt hat. Vereidigung mit feierlichem Fackellauf, dem Lieblingskind des großen VorTurners, der den Fackellauf mit dem olympischen Feuer erfunden hat. Dieser tausendfache Kindermörder durfte unter Konrad Adenauer nicht nur die Deutsche Sporthochschule in Köln gründen und leiten sondern auch der Jugend die von ihm erfundenen Sportabzeichen anstecken, Ehrenurkunden bei den BundesJugendspielen verleihen usw…In wilden Bocksprüngen durch die Geschichte des Turnens und des Sports:Bevor die geneigten indymedia-LeserInnen auf den naheliegenden Gedanken kommen, daß ich jetzt regelmäßige indymedia-Sportseiten einrichten will, möchte ich vorsichtshalber vorab erläutern, warum ich hier so ausführlich über die Geschichte der Turn- und Sportvereine schreibe. Besonders im 160. Jubeljahr der bürgerlichen Revolution von 1848.Die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gegründeten Turnvereine der Region Hanau waren wie nahezu alle im deutschsprachigen Raum damals entstandenen Turnerriegen sowohl Sammelbecken als auch Ausgangspunkte, besonders aber Diskussions- und Propagandaforen für die revolutionär-demokratische Bewegung, die sich die Erkämpfung der Republik zum Ziel gesetzt hatte. Ohne die Turner hätte es 1848 keine Revolution gegeben. Ohne die in ihren Vereinen versammelten Linken keine Demokratische Entwicklung und Tradition in Deutschland.
Der Zusammenschluß und die enge Zusammenarbeit der Turnvereine im deutschsprachigen Raum, die politische und militärische Kraft der Turnerbünde waren das politisch-organisatorische und logistische Rückgrad der 48er Revolution.
Ihre politische Zwiespältigkeit, ihre Zusammensetzung aus kleinbürgerlichen, proletarischen und bürgerlichen Schichten waren aber auch ein entscheidender Grund für das Scheitern der 48er Revolution.(Die Turnvereine sind eigentlich bis in den Vormärz nur die Weiterentwicklung von Vereinen mit ganz anderem Zweck als dem großbürgerlich-burschenschaftlichen Turnen als FitnessStudio-Selbstzweck und Kampfsport: die Turnvereine waren ursprünglich fast überall die “freiwilligen Feuerwehren”, “Aufschwung”, “Unterschwung” usw. viele der Turnübungen deuten heute noch darauf hin, dass ursprünglich die Bewegung im Dachgebälk, in Fachwerkfassaden, in Scheunen und Ställen trainiert wurde,. Schwebebalken, Reck und Barren deuten unzweifelhaft darauf hin. Mit dieser Beweisführung ist belegbar, dass die meisten Feuerwehren, die heute ihr 100jähriges Jubiläim feiern mit Sicherheit noch gute 70 und mehr Jahre älter sind. Die meisten Amateur-Feuerwehrhistoriker datieren die Wehr-Gründungen rund um die Jahrhundertwende, als es dem preusisch-wilhelminischen Deutschen Reich gelungen war, die ehemals revolutionären und/oder sozialdemokratischen Feuerwehr-Turner zu domestizieren und sie unter die preußische Pickelhaube zu sperren.)Die Turnvereine waren nicht von Anfang an ein Hort demokratischer Umtriebe. Sie waren zunächst Sammlungspunkte für “die nationale Erhebung gegen ausländische Unterdrückung”, geprägt durch den nationalen Vorturner Friedrich Ludwig Jahn und die Burschenschaften. Oder aber auch ganz unpolitische “Nur-Turnvereine” meist der gehobenen Bürger und ihres studierenden Nachwuchses.
Spätestens jedoch seit 1830 änderte sich die soziale Zusammensetzung der schon “entfeuerwehrten” Turnvereine. Gesellen und Arbeiter, kleine Handwerker stellten die Mehrheit. Die Heilige Allianz trieb mit den Karlsbader Beschlüssen und der “Demagogenverfolgung” politisch Interessierte in die Turnvereine, weil politisch-demokratische Vereinigungen verboten waren. Das prompt erfolgende Verbot des Turnens und vieler Turnvereine unterstützte die Politisierung der Turner. Die Nachrichten von den Aufständen in Paris, in Brüssel, in Warschau, in Braunschweig, die Zollunruhen in Hanau, die Bauernaufstände in Oberhessen und der Provinz Hanau prägten mit ihren politischen Forderungen zunehmend den Charakter der Turnvereine. Den Fürsten war die politische Brandbekämpfung wichtiger als funktionierende Feuerwehren.Grundlegende Forderungen und Ziele der Hanauer Turner von 1848 sind bis heute noch nicht durchgesetzt, noch nicht erreicht.
Ziele und Forderungen, die angesichts der aktuellen Entwicklung in Deutschland, in Europa und darüber hinaus wieder auf die Tagesordnung gesetzt sind:
Freiheit, Gleichheit, Brüder- und Schwesterlichkeit,
Proletarier aller Länder
von Indonesien über Frankreich bis nach Hanau
vereinigt euch.
Europa wird unter der Leitung des neu-groß-deutsch-nationalen geschäftsführenden Kohl-Schröder und Merkel-Ausschusses des Kapitals für dessen Zwecke vereinigt und bereinigt. Die Parallelen zur Einigung des deutschen Reiches von 1848 bis 1870/71 sind überdeutlich. Begleitumstände und Zielsetzungen dieses Einigungsprozesses stehen damals wie heute im krassen Gegensatz zum Interesse des gemeinen Volkes, das in den 40er Jahren des vorletzten Jahrhunderts begann, sich um die Forderung nach einer “sozialen Republik” zu sammeln und dafür zu kämpfen. Heute sind es Forderungen nach einem sozialen Europa in einer sozialen und ökologischen Weltwirtschaftsordnung, die in den europäischen Kleinstaaten die Menschen in Bewegung bringen, die mit einer gesamteuropäischen Militärverfassung und sozialer Entrechtung beantwortet werden. Der Widerstand gegen diesen Prozeß und den dazugehörigen sozialen und ökologischen Kahlschlag aus Maastricht, Brüssel und Berlin kommt in Deutschland erst zaghaft zustande.
Und wieder ist es Frankreich, sind es französische Arbeiter von denen wir lernen können, lernen sollten, wie damals 1789, 1830, 1870/71, 1968 und verschiedene Male dazwischen, denn alle Höhepunkte haben ihre Vorlaufzeiten. Die Volksentscheide dort gegen die reaktionäre EU-Verfassung konnten den Prozess wesentlich bremsen. Mit den “EU-Reformverträgen” soll dieser Widerstand ausgehebelt werden.Es lohnt sich, von den 48ern zu lernen, vielleicht noch mehr als von den 1918ern und bestimmt einiges mehr als von den 68ern.Es hat lange gedauert, bis die Hanauer Tunrngemeinde von 1837 politisch auf den Hund gekommen ist. Ob es die Turmer waren oder die Sozialdemokraten im Stadtparlament, die die Straße an der Sportanlage im Tümpelgarten zum “Carl-Diem-Weg” machen wollten, läßt sich nicht eindeutig klären. Aktenkundig ist nur der Beschluß des Magistrats vom 18.11.1963, der diesen Namen wählt, “um die Erinnerung an einen bedeutenden deutschen Sportfunktionär zu bewahren”, der sich um “die Verbreitung des olympischen Gedankens verdient gemacht” habe und “im In- und Ausland hochgeachtet wurde und heute noch geachtet wird.” So biegt heute der “Carl-Diem-Weg von der “August-Schärttner-Straße” ab.
Mag sein, daß die Angestellten im Liegenschaftsamt nicht mehr so genau wußten, wer Carl Diem war. Mag sein, daß einige sozialdemokratische Stadtverordnete es auch nicht mehr wußten. Aber der damalige Oberbürgermeister Herbert Dröse und mit ihm die gesamte akademische erste Reihe in der Hanauer SPD, die Gewerkschafter unter der Stadtverordneten hätten es wissen können, wissen müssen. Die Taufe ging damals widerstandslos durch alle Instanzen. Ob sich bei den Jusos oder beim VVN etwas regte, ist unbekannt. Und wenn, wurde es nicht vermerkt, 7 Jahre nach dem KPD-Verbot, mitten im kalten Krieg, zwei Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer. Da wurden schon wieder wehrhafte Jungturner im Diemschen Geiste gebraucht.
Dazu später näheres.Zunächst weiter zu den Hanauer Straßenkämpfen:

Daß man im Hanauer Stadtteil Lamboy-Tümpelgarten von der Friedrich-Engels- über die Karl-Marx-Straße in die August-Schärttner-Straße fahren kann, vorbei an Straßen, die nach Sozialdemokraten und (anderen) Widerstandskämpfern benannt sind, erinnert daran, daß Hanau eine revolutionäre und linke Vergangenheit hat. Gerade das Arbeiterwohnviertel Lamboy und das in den fünfziger und sechziger Jahren errichtete Tümpelgartenviertel waren Hochburgen der linken SPD und der KPD.
Straßennamen können Geschichte erzählen.

Noch besser teilt sich die Geschichte durch die Straßentaufen, die Umbenennungen und ihren Zeitpunkt mit.

1948/49, im Jahr des 100. Revolutionsjubiläums nennt das Hanauer Anzeigenblatt, der Vorläufer des “Hanauer Anzeiger”, noch eine “Ernst-Thälmann-Straße” im Lamboy. Die heutige Dartforder Straße wurde 1945 nach dem kommunistischen Parteivorsitzenden und Widerstandskämpfer benannt. Die Nationalsozialisten hatten ihn im KZ ermordet. Im November 1954 stellte der “Zentralverband der Sowietzonenflüchtlinge” den Antrag, die Straße in “Berliner Straße” umzutaufen. Die Stadt lehnte zunächst aus Kostengründen ab. Dann beschloß die Stadtverordnetenversammlung am 3.8. 1955 bei nur einer Stimmenthaltung einstimmig die Umbenennung. Daß sozialdemokratische Stadtverordnete dafür stimmten, ist noch nachvollziehbar. Warum aber auch kommunistische Stadtverordnete ein Jahr vor dem KPD-Verbot dem zustimmten, läß sich nur noch damit erklären, daß bereits vor dem KPD-Verbot kommunistische Funktionsträger bei häufigen Festnahmen in der Polizeistation in der Marienstraße (dem heutigen Staatlichen Schulamt in der Bott-Straße) ähnlich mißhandelt und unter Druck gesetzt wurden, wie 15 Jahre vorher, als sie von der Nazi-Polizei im Frohnhof hinter der Polizeistation zusammengeprügelt wurden.

Sehr kämpferisch, wenn auch nicht straßenkämpferisch, ging es bei der Taufe der Jahnstraße zu. Die ehemalige “Maulbeer-Allee” wurde 1902 in “Jahnstraße” umbenannt. Gerade hatte der deutsche Generalfeldmarschall von Waldersee mit einer vereinigten westlichen Streitmacht den chinesischen Boxeraufstand niedergeschlagen. Der deutsche Kaiser zeigte kolonialpolitisch die Krallen und rasselte wieder mit dem Säbel Richtung Frankreich. Der 310. Bismarkturm im Reich wurde enthüllt. Auch die Turner waren im deutsch-nationalen Taumel. Sie tauften ihre Halle und ihre Straße nicht nach dem revolutionären Hanauer Turner & Demokraten und späteren Mitglied des Bundes der Kommunisten im Londoner Exil – Schärttner (der dort mit Karl Marx zusammentraf) sondern nach dem Monarchisten Friedrich Ludwig Jahn.

Wie nun aber die Hanauer Turngemeinde auf den Hund bzw. auf den Nazi Carl Diem als Namenspatron für ihre Straße kam, ist eine lange Geschichte.

Diem hat als oberster Sportfunktionär im Nazireich die Berliner Jugend im Olympia-Stadion noch 1945 auf die Verteidigung des “Tausendjährigen Reiches” in einer gigantischen Schau eingeschworen, als die faschistische Reichsführung sich bereits vor den anrückenden Panzern der “Roten Armee” in ihren Bunkern verkroch.

Daß Karl Diem nach dem Krieg nicht weit entfernt von Adenauers Bonn und seinem mit Altnazis gespickten “Amt Blank” in Köln die deutsche Sporthochschule aufbauen konnte, Stifter des goldenen Sportabzeichens und oberster Sportfunktionär der Bundesrepublik wurde, ist nicht verwunderlich.
In den ersten Jahren ihres Bestehens war diese Sporthochschule mit fast ebenso vielen Altnazis besetzt wie die bundesdeutsche Justiz und die Bundeswehr.
Alle Turn- und Sportvereine waren entweder durch die Nazis arisiert und auf nationalsozialistische Partielinie eingeschworen worden oder steckten bereits vor 1933 in tief brauner deutschnationaler Suppe. Viele waren schon lange vorher, 1870/71, mit fliegenden Turnerfahnen unter die preußisch-reichsdeutsche Pickelhaube geströmt.
Die überlebenden Sport- und Turnidole der frühen Bundesrepublik waren ehemals Hätschelkinder und Propagandisten der Nazis: Sepp Herberger, Max Schmeling….. Die Sportlehrer, die Trainerkader, die Aktiven waren alle durch die militärische, paramilitärische und politische Schulung der NSDAP und ihrer Unterorganisationen gegangen.

Nur in wenigen Bereichen des Sports gelang es kurz nach dem Krieg den einfachen Turn- und Sportvereinsmitgliedern an demokratischen Traditionen wieder anzusetzen, bzw. sie wieder auszugraben.

Am leichtesten gelang dies den ehemaligen Arbeitersportvereinen, die sich während der Sozialistenverfolgung unter Bismark zwischen 1871 und 1900 gebildet hatten. Sie waren lange ein Reservoir für die linken Parteien gewesen, spielten zum Teil in der 1918er Revolution und im Widerstand gegen die Nazis eine entsprechende Rolle.
Nach dem Krieg hat sich besonders im Bereich des Radsports die revolutionär-demokratische und linke Tradition gehalten. Bis in die 80er Jahre gab es in der Bundesrepublik zwei Radsportverbände, zwei deutsche Meisterschaften, in jeder Disziplin zwei deutsche Meister. Der deutsche Radsportverband DRV und der Solidaritätsverband. Überall, wo es Radsportvereine des Solidaritätsverbandes gab, waren gleichzeitig auch Hochburgen der KPD und nach deren Verbot der DFU (Deutsche Friedens Union), der DL (Demokratische Linke) und später dann der DKP und anderer kommunistischer oder linkssozialdemokratischer Vereinigungen. Die Schwerpunkte des Solidaritätsverbandes lagen im Westen in Schwaben, Württemberg, Hessen, Saarland und im Ruhrgebiet. Bis in die 70er Jahre organisierte der Solidaritätsverband Gesamtdeutsche Meisterschaften. Oft wurden die Veranstaltungen polizeilich observiert, DDR-Radsportler und Funktionäre wurden vorübergehend festgenommen, die mit Bundes- und DDR-Fahnen geschmückten Hallen von der Polizei geräumt. Der Autor war selbst Zeuge bei mindestens drei solcher Aktionen allein 1967 im Raum Heilbronn (, wo es im Gegensatz zu Hanau offenbar eine ungebrochene demokratische Tradition der Turn- und Sportvereine seit 1848 gegeben hat. Die Heilbronner Turner waren 1848 zusammen mit den Hanauern unter August Schärttner den Badischen Revolutionären zu Hilfe geeilt, als es galt die Verfassung zu schützen gegen preussische Truppen und die der regionalen Fürsten).

Mit allen polizeilichen Mitteln wurden die Sportler des Solidaritätsverbandes bei ihren Aktivitäten behindert. Es gab keine öffentlichen Zuschüsse, Hallen wurden gesperrt, vereinseigene Hallen wegen “Baufälligkeit” geschlossen. Mit größten Schikanen ging die Bundesrepublik gegen die westdeutschen Teilnehmer der “Internationalen Friedensfahrten” vor, an denen zum Beispiel namhafte niederländische, italienische und französische Radsportler ohne jegliche Probleme teilnehmen konnten.
Erst mit dem Zerbröseln der Altlinken Ende der 70er Jahre konnte es dem bürgerlichen DRV und mit ihm dem Deutschen Sportbund gelingen, den Solidaritätsverband zur Aufgabe und zu seiner Auflösung in den DRV zu bringen.

“Was, bitte, hat das alles mit der Jahnstraße zu tun?”, fragt die genervte Leserin.
Gemach, gemach wir kommen gleich zur Sache, obwohl wir schon mitten drin sind.

Es geht nicht um das Seitpferd und den Barren, das Reck, den Kasten und die Ringe, es geht um die Kavallerie und den Barras, um tapfere Recken und Wehrertüchtigung, um die militärische Sicherung deutscher Kapitalinteressen.

Von Martin Luther mit dem Turnvater Jahn, über Bismark, Willem zwo, Ludendorf und Hindenburg, geradewegs zu Diem und Hitler mitten in das Amt Blank, die Bundeswehr, die militärische Absicherung vitaler deutscher Interessen und die nationalistische Propaganda von CDU und “Republikanern”, NPD und auch um standortoptimierende und auch am Hindukusch und im Kosobo deutsche EU-Intersessen sichernde Sozialdemokraten.

Turnvater Jahn war von Anfang an ein glühender Gegner der demokratischen Republik, der Welschen, des “Französischen”, der Roten.
Der zentrale Satz seines politischen Bekenntnisses in seinem Hauptwerk “Das deutsche Volkstum” lautete: “Gott segne den König, erhalte Zollerns Haus, schirme das Vaterland, mehre die Deutschheit, läutere das Volk von Welschsucht und Ausländerei, mache Preußen zum leuchtenden Vorbild des deutschen Bundes, binde den Bund zum neuen Reich…”

Friedrich Ludwig Jahn hat dies in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geschrieben, 1810, zu einer Zeit, als der napoleonische Revolutionsexport zur reinen Unterdrückung entartete und so den Interessengegensatz zwischen Bürgertum, Kleinbürgern , Gesellen und Arbeitern und Bauern auf der einen Seite und Fürsten und ihrem feudalen und klerikalem Anhang auf der anderen Seite zukleisterte.

Als die Überwindung der Kleinstaaterei für das aufstrebende Bürgertum und das die engen Grenzen sprengende erstarkende Kapital zur grundlegenden Voraussetzung seiner Entwicklung wurde.

Jahn war für die allgemeine Volksbewaffnung, um das Volk nicht etwa gegen die Fürsten, sondern gegen Napoleon und alles Welsche wehrhaft zu machen. Er lobt in seinen Abhandlungen über die “deutsche Turnkunst”, daß in den Befreiungskriegen “alle wehrhaften Turner ins Feld” zogen.
Sobald die Turner sich aber gegen ihre Unterdrücker im Inneren mit Waffengewalt gegen Waffengewalt zur Wehr setzten und “die Fürsten zum Land hinaus” jagen wollten, wie es in einem populären Lied der 48er heißt, schäumt Jahn vor Wut gegen die Revolutionäre:
“Wer aber darum sich zu einer Rotte verschwören, damit Aufstand, Aufruhr und Empörung anzetteln und so einen besseren Zustand durch Sünde und Blutschuld hervorbringen will – den muß man wie einen Unsinnigen bemitleiden, und äußert sich sein Wahn in Wuth, sogleich als einen Rasenden an Ketten schließen.”

Martin Luther, der Jahn mit einem tiefsitzenden Antisemitismus verbindet, hat 300 Jahre vorher Ähnliches, nur mittelalterlich drastischer gegen die aufständischen Bauern im deutschsprachigen Raum geschleudert: “Man soll sie wie tollwütige Hunde schlagen, rädern und vierteilen!” Die gleichen Bauern, für die er eine Leitfigur in ihren Aufständen war, so wie Jahn für die revolutionären Turner es in der 48er Revolution zunächst auch gewesen ist.

Die Hanauer Turner und mit ihnen alle demokratisch eingestellten Turnvereine haben ihrem Turnvater “Verrat an der Freiheit”, an der Sache der Republik vorgeworfen. Zu unrecht!

Tatsächlich hatten sie ihn teils falsch verstanden, aber mehr noch hatten sie sich von ihm wegentwickelt. Was er ihnen in seiner “Schwanenrede” auch vorhält.
Jahn stand für Burschenschaften und gehobenes Bürgertum, denen er mit seinem “Deutschen Volkstum” aus der Seele schrieb, gegen Völkerverbrüderung und “französische Gleichmacherei” und gegen die im französischen Exil sich formierenden Kommunisten und ihre Vorgänger wie den “Bund der Gerechten”. 1848 schrieb er an Emilie Jahn: “Napoleon war arg, aber die Roten sind ärger..”

Damit keine Mißverständnisse aufkommen: die Burschenschaften waren eine wesentlich treibende Kraft im Kampf gegen die feudalen Lasten, bei der Emanzipation des Bürgertums im Vormärz. Und viele Burschenschafter spielten dann in der Formierung zur 48er Revolution eine entscheidende Rolle. Intellektuelle, Rechtsanwälte, Journalisten, Schriftsteller ja sogar Pfarrer waren diejenigen, die den Revolten, Aufständen, Krawallen ihr theoretisches Rüstzeug geben, Ziele und Forderungen generalisieren und formulieren konnten. Die 48re Revolution wäre ohne sie nicht möglich gewesen, zumindest aber so zusammengebrochen, wie die 1817er Hungerrevolten in der Provinz Hanau oder die Oberhessischen Bauernaufstände von 1830.

Wie weit diese Burschenschafter sich von Jahn und seiner konstitutionellen Monarchie entfernt hatten, läßt sich an einigen Strophen des rund 30 Verse umfassenden 48er Volkschlagers “Fürsten zum Land hinaus” gut belegen. Er entstand ca.1830 und wurde auch beim Hambacher Fest schon gesungen. Der Burschenschafter und Freicorpsler Fritz Reuter wurde in Jena wegen öffentlichem Absingens dieses Liedes (nach dem Putschversuch Frankfurter Burschenschafter an der Hauptwache) verhaftet und in Festungshaft genommen.

Fürsten zum Land hinaus,
jetzt kommt der Völker(!)schmaus
Raus!

Erst hängt den Kaiser Franz, (von Österreich)
dann den im Siegerkranz
auf!

Wilhelm liebt Bürgermord
mit ihm aus Preußen fort
Schlagt den Hund (! Mein lieber Jahn! d.Verf.)

Der schönste Schwabenstreich
ist: Wilhelm aus dem Reich
Hinaus!

Zierlicher Kurfürstsohn (gemeint ist der Wittelsbacher in Bayern)
dein Stündlein läutet schon
Bim bam!

Jagt den vermeintlichen
Bürgerlich freundlichen
Weg!

Odenwald schleif die Sens,
Zieh’ in die Residenz
Reuß, Schleiz, Greiz, Lobenstein
jagt in ein Mausloch rein
Lippe ist viel zu klein
kann nicht besungen sein.

Die freien Städte auch
sind nichts als Bäckerrauch
Haha!

Metternich, marsch mit dir (Österreichs Kanzler-Fürst)
Rothschild und Staatspapier
Hepp!

Dem deutschen Bundestag
werft faule Eier nach!
Kikeriki!

Auch dem Reichs-Johannlein (der 1848 gegen die Stimmen von 112 Linken von der Paulskirchenmehrheit zum Reichsverweser gewählte Erzherzog Johann von Österreich)
schlagt gleich die Rippen ein!
Drauf!

Nun ist im Lande Raum!
Pflanzet den Freiheitsbaum!
Hoch! (Das Pflanzen von Freiheitsbäumen, die mit einer Jakobinermütze geschmückt wurden, war ein weitverbreiteter symbolischer Akt der französischen Revolution)

(Wolfgang Steinitz, Deutsche Volkslieder…,Berlin 1955/62)

Nicht alle Strophen des Liedes stammen von 1830, es wurde bis 1848 immer wieder ergänzt und aktualisiert.

Die Burschenschaften haben sich jedoch in der überwiegenden Mehrheit spätestens nach 1848 auf die Seite der deutsch-nationalen Reaktion geschlagen.

Die Turner, die sich bereits um 1830 mehrheitlich aus kleinen Handwerkern, Gesellen und Arbeitern zusammensetzten, hatten sich von Jahns Positionen wegentwickelt. Jahn war für die deutsche Einheit mit einer höchstens konstitutionellen Verfassung unter Ausschluß des Wahlrechts für den vierten Stand. Die Arbeiter sollten nichts zu sagen haben.

Während sich die Mehrheit der Turner schon für gleiche Rechte einsetzte, für Völkerverbrüderung und politische Flüchtlinge, wollte Jahn nur die allgemeine Volksbewaffnung und die Turnerei, um der Einigung Deutschlands unter preußischer Führung mehr Schlagkraft zu verleihen. Doch damit nicht genug. Jahn wollte die “Deutschheit mehren”, unter Hohenzollerns Schwingen deutsche Expansion ermöglichen.

Dem Volksaufstand in Schleswig-Hollstein fiel er mit seiner Zustimmung zum Waffenstillstand von Malmö in den Rücken. Das Paulskirchenparlament hatte dem Waffenstillstand zugestimmt, um es den preußischen Truppen zu ermöglichen, sich zu formieren und die preußische Herrschaft im Norden Deutschlands zu stabilisieren. Die Aufständischen hatten sich nicht vom Joch des dänischen Königshauses befreit, um sich anschließend dem preußischen zu unterwerfen. Zum Kampf der Schleswig-Hollsteiner gegen dänische und preußische Unterdrückung schreibt Jahn in seiner “Schwanenrede” gegen die “rotschwärmenden Hanauer”, die “Deutschlands Ehre .. an alle Völker verkuppeln..”:
“Darum die Wuth gegen Truppen in einer Reichsfeste, die gutwillig die Tore nicht öffnen. Darum Neckerei, Spott, Hohn bis zu Mord gesteigert, um die Verlegung der (preußischen d.Verf.) Reichsschirmer zu erlangen, und beim Wechsel andere zu bekommen, mit denen man hoffte, leichter fertig zu werden.
Darum die Wuth über den Waffenstillstand von Malmö. Der gesamte kriegerische Norden von Deutschland konnte sich während des Waffenstillstandes erholen, kräftigen und verfassungsmäßig begründen. Er ward rückenfrei, und ward in den Stand gesetzt, noch anderen Weltgegenden die Stirn zu bieten. Das war ein Wetterschlag aus lichter Wolke. Und so entschloß sich die Verschwörung gegen Deutschlands Einheit zum übereilten blutigen Aufruhr.”
(Schwanenrede von Friedrich Ludwig Jahn, Frankfurt/M 1848)

Mit Deutschland meint Jahn die preußische Oberherrschaft, die sich für Schleswig-Holsteiner nicht anders auswirkt als für die Schwaben, die Rheinhessen, die Hessen und die Badener:

“Schlaf mein Kind schlaf leis,
dort draußen geht der Preuß,
zu Rastatt auf der Schanz
da spielt er auf zum Tanz
da spielt er auf mit Pulver und Blei,
so macht er alle Badener frei….”

(Badisches Wiegenlied,1849)

Während sich die Hanauer Turner mit den Flüchtlingen des polnischen Aufstandes von 1832 verbrüdern und unter Strafandrohung polnische Freiheitslieder singen, unterstützt “Turnvater Jahn” die vordringenden preußischen Truppen, die in Konkurrenz zum russischen Unterdrücker sich polnische Gebiete endgültig einverleiben und die österreichische Konkurrenz aus dem Rennen schlagen wollen. Diese Angelegenheit bereinigt Preußen dann keine 20 Jahre später im Krieg gegen Österreich.

Österreich ist Jahn äußerst zu wider. Bei der Führung des ihm vorschwebenden neuen deutschen Staates schied Östereich für Jahn aus, weil es ein “zu großer Völkermang” sei.

Welcher “noch anderen Weltgegend” wollte Jahn Preußen “die Stirn bieten” lassen? Polen ist geteilt und abgehakt. Bleibt das Elsaß. Das kommt 70/71 dran und darf dann das französische gegen das preußische Joch tauschen. Vielleicht noch Tirol: “zu Mantua in Banden…Jan Hofer.. ” singen die deutschnationalen Jahn-Jünger noch bis ins dritte Reich. Ob die Tiroler unter preußischen Fittichen so sprichwörtlich “lustig und froh” werden wollten? Hitler hat sie ja dann auch ganz “lustig und froh” an Mussollini verkauft.

Jahn war bereits im Lützow’schen Freicorps bei den Befreiungskriegen und der Völkerschlacht treibende Kraft.
Und seine Befreiungsvorstellungen schwingen immer dann noch mit, wenn Einheiten der Reichswehr im ersten wie im zweiten Weltkrieg
noch ganz “anderen Weltgegenden” als Jahn sie sich erträumte “die Stirn ” boten und mit Granatendonner schmetterten: “Das war Lützows wilde verwegene Jagdt…”. Ein Lied, das noch bis in die fünfziger Wirtschaftswunder-Jahre des 20. Jahrhunderts zum Volksliedrepertoire eines gut deutschnationalen Haushalts gehörte.
Genauso wie das Lied des anfänglichen Jahn-Bewunderers Blücher: “Warte nur Napoleon, wie wirds dir ergehen , siehst du nicht bei Mars-Latour die Kolonnen stehen!” Vorwärtsverteidigung wird so was heute genannt.

Welche gewaltigen Ausmaße der Jahn-Wahn von der “Mehrung der Deutschheit” annahm, zeigt die 1914(!) erschienene 5.Auflage der populären “Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit” des Münchner Gymnasialdirektors Hermann Stöckel und Dr. Karl Lory.
Beide schreiben am Vorabend des ersten Weltkrieges über die Stimmung vor dem deutsch-französischen Krieg in Frankreich:
“Man hatte sich in Frankreich daran gewöhnt im Widerspruch mit den Jahrhunderte alten Sprachgrenzen den Rhein als die natürliche, Frankreich von Rechts wegen zukommende Grenze zu betrachten und sich zu lange mit dem Gedanken geschmeichelt, daß Frankreich eine Art Schiedsrichteramt in Europa gebühre…” Da ist er, der Erbfeind, der die gute Kohl’sche Deutsche Mark in den eurofranzösischen “ecu” verschandeln wollte, Kohl hat die Franzosen auf die Plätze verwiesen und dagegen den eurodeutschen “Euro” kreiert! “Warte nur Monsieur Jospin, wie wirds dir ergehen, denn nach Maastricht wird sich’s nur um deutsche Euros drehen..,
siehst du nicht in Frankfurt/Main, die Zentralbank stehen.?” Doch auch das ist bereits wieder schon fast vergessene Geschichte.
Es geht 1870 wie 1914 um “die vitalen Interessen Deutschlands”, um die “Einigung aller deutschen Stämme”, um die Arondierung des Standorts Deuschland. Die Münchner Volkserzieher schreiben weiter: “Die deutsch-französische Sprachgrenze verläuft, wenn man das Flämische als plattdeutsche Mundart zum Deutschen, das Wallonische zum Französischen zählt, von Dünkirchen bis Eupen in westlicher Richtung, so daß es das Schlachtfeld von Waterloo schneidet, biegt dann nach Süden um und folgt im allgemeinen der Westgrenze der preußischen Rheinprovinz und des Großherzogtums Luxemburg, zieht darauf nach Südosten, so daß sie die Mosel zwischen Diedenhofen und Metz überschreitet und etwa bei den Quellen der Saar die Vogesen erreicht, mit deren Kamm sie dann nach Süden zieht. Nachdem sie über die burgundische Pforte gezogen, übersteigt sie den Schweizer Jura, geht zwischen Biehler und Neuenburger See nach Süden, lehnt sich an die Saane (Freiburg/Schweiz), schneidet die oberste Rhone und den Kanton Wallis und kommt am Monte Rosa an, dem südlichsten Punkt des zusammenhängenden deutschen Sprachgebiets, an dessen Südfuß deutschsprechende Dörfer mit französischen zum Königreich Italien gehören. Daß schon um Christi Geburt das linke Rheinufer von Germanen bewohnt war, bezeugen die römischen Provinzialnamen: Germania superior und inferior.”
Mal abgesehen davon, daß zu beiden Seiten des Rheins damals keltische Stämme siedelten und “die Germanen” eine römische Erfindung sind, kann dieser giftige Bockmist nur noch durch die Ideologie der Nazis übertroffen werden.
Das Rüstzeug zum ersten und zum zweiten Weltkrieg stammte zu einem beträchtlichen Teil auch aus Jahns deutschheits-volkstümlichem Turnkasten.

An der Oberfläche waren sie sich gleich, “Turnvater” Jahn und Hanaus jetzt gefeierter Turner-Revolutionär, August Schärttner.
Beide wollten die Einheit Deutschlands, beide wollten die Volksbewaffnung, beide waren für das politische Turnen, beide waren für die Auflösung des stehenden Heeres, des Söldner Heeres.
Beim Turnertag am 12. April 1848 rief Jahn den in Hanau versammelten Turnern zu: “Soldaten, ein ungereimter Name. Sie tun für ihren Sold wenig Taten und bekommen für ihre Taten wenig Sold. Wir wollen dafür in unseren Banner setzen: Wehrlos, ehrlos.” (Hanauer Zeitung, Nr. 104, 1848) Und der Frankfurter Jahn-Jünger Ravenstein schrieb im “Turner” am 1. Juni 1848: ..wenn das Vaterland ruft, dann wird keine Macht der Erde die Turner verhindern, sich in die Reihen des Volksheeres zu stellen.”
Jahn und seine Jünger wollten die gestählten Turner-Leiber als Bollwerk und Fußtruppe des preußisch-deutschen Bundes gegen “ausländische” Unterdrücker, letztlich als Kanonenfutter für preußisch-deutsche Expansion, für die Kanonen der Hoflieferanten des preußischen Königs: Borsig, Krupp, Krauss-Maffei, von Arnimsche Hüttenverwaltung, Hoesch, Kühlmann-Stumm (damals nur Gebrüder Stumm) Henschel (Kassel), Buderus’sche Eisenwerke Wetzlar, die Vorläufer von Hanomag und MAN. Die bauten nicht nur Lokomotiven und gossen nicht nur List’sche Schienenstränge. Die Vormärz-Schwärmerei in den romantischen Zirkeln derer von Savigny, von Brentano, von Arnim, Buderus von Carlshausen im Hof Trages fanden am Wochenende, an Feierabend statt. Unter der Woche wurden Kanonen verkauft, die stehenden Heere aller deutschen Fürstenhäuser aufgerüstet.

Aber der Zug zur deutschen Einheit der Herren Jahn und Kollegen war auch direkt gegen die 48er Revolution gerichtet, gegen das Volk: Friedrich List bedauert bereits 1846, daß die Bedeutung des Eisenbahntransportes von den Militärs nicht ausreichend erkannt wird, doch erfolgt zwei Jahre später bei den Militärs ein Umdenken. Auslösendes Element waren dabei die 48er Revolution und die in diesem Zusammenhang durchgeführten Truppentransporte zur Niederschlagung der Aufstände. (Zeit der Züge Bd. 1. Deutsche Eisenbahn 1835-1985, s. 198) Neben dem Waren- und Rohstofftransport, neben der Mobilisierung billigster Arbeitskräfte, lassen sich hervorragend Militär und Polizeitruppen gegen rebellierende Gesellen und Arbeiter transportieren. Welch herrliche Gelegenheit damit auch “anderen Weltgegenden die Stirn zu bieten”!
Die bürgerlichen Kapitalstrategen hatten auch als Militärstrategen längst den Bund mit den Fürsten geschlossen.
Schärttners Forderung nach einer Verfassung für eine “soziale Republik” stand im krassen Gegensatz zu Jahns Verfassung für eine konstitutionelle Monarchie.
Jahns Vorstellung vom “Volksheer” war nützlich für den Kampf gegen Napoleon. Sein Einheitsstreben zielte ab auf eine preußische Militäreinheit Deutschlands. Er hat aber mit seinem Einsatz Geister geweckt, die er nicht mehr einfangen konnte.
Die allgemeine Volksbewaffnung, die Turnerwehren, die Bürgerwehren sollten Mittel zur Aufrechterhaltung der alten Ordnung und Gewähr dafür sein, daß bei Reformen der alten Ordnung das Volk nicht aus dem Ruder läuft. Wie sich am Beispiel Hanau zeigte, war das für die Fürstenherrschaft ein riskantes Spiel. Selbst die so zuverlässige (Besitz-)”Bürgergarde” lief in Waffen 1830 zwar noch nicht so schnell aber dann 1848 um so schneller zu den Revolutionären über.

Die “Allgemeine Wehrpflicht” und die Auflösung der stehenden (Berufs-) Heere war 1848 eine zentrale Forderung. Warum heute nicht wenige Linke und Grüne dem Berufsheer das Wort reden und eine Abschaffung der “Wehrpflicht” fordern, stimmt zumindest nachdenklich, denn ein von unsicheren Kandidaten befreites Berufskillerheer läßt sich sicher lenkbar (und vom Parlament nicht mehr kontrollierbar) gut im Inneren und “an anderen Weltgegenden” (Jahn) für Kapitalinteressen einsetzen. Nicht umsonst haben die USA nach dem Vietnam-Desaster die Wehrpflicht abgeschafft und konnten danach relativ reibungslos in Grenada operieren, den Golfkrieg organisieren usw……..mit einfachen GI’s, mit Wehrpflichtigen wäre das nicht so glatt über die Bühne gelaufen. Man kann von den 48ern heute noch lernen.

Jahn saß von 1819 bis 1825 als verfolgter “Demagoge” in Spandau, Küstrin und Kolberg in Festungshaft. Nach den Karlsbader Beschlüssen wurde er auf Drängen des österreichischen Kanzlers Metternich festgenommen, weil er nach einem Bericht der Bundestagskommission “die höchst gefährliche Lehre von der Einheit Deutschlands” aufgebracht hatte. (Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit, München 1914) bereits 1840 erhielt Jahn aber schon wieder das “Eiserne Kreuz” für seinen Einsatz im Lützow’schen Freicorps und für seine Beiträge zur “sittlichen Wiedergeburt” des deutschen Volkes.
Er hatte Scharnhorst, Gneisenau politisch dabei unterstützt, das Vorrecht des Adels auf den Offiziersstand zu brechen und so den Bürgerlichen Zugang zum Offizierscorps zu verschaffen. Ebenfalls hatte er die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in Preußen durch Scharnhorst publizistisch gefördert, “wodurch wieder wie im germanischen Altertum Volk und Heer eins wurden.” (Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit, München 1914 (!))
Und wie sie eins wurden!

Schlaf mein Kind Schlaf leis,
dort draußen zieht der Preuß’,
wir alle sollen stille sein,
als wie dein Vater unterm Stein,
doch wo dein Vater liegt mein Schatz,
da hat noch mancher Preuße Platz,
schrei mein Kindlein schrei’s,
dort draußen liegt der Preuß.

(Badisches Wiegenlied, 1849)

Jahns Freund, Mithäftling und späterer Parlamentskollege Ernst Moritz Arndt schrieb 1825: ” Der Rhein, Deutschlands Strom, aber nicht Deutschlands Grenze”,
Ein weiterer Jahn-Freund und Paulskirchen-Parlamentskollege, Wilhelm Jordan, schreibt 1870 am Vorabend des deutsch-französischen Krieges: “Nun seid bereit mit Gut und Blut”, Freiligrath läßt seinen Gedanken frei und jubelt “Hurra, Germania”, (“Die Gedanken sind frei … ” stammt nicht von Freiligrath sondern von einem unbekannten Verfasser und aus der von Arnim’schen Sammlung aus den Jahren um 1800. (Steinitz, II/S.164) – nachträglich, der Autor) . Emanuel Geibel ganz im Sinne der Jahnschen Volksbewaffnung: “Empor mein Volk, das Schwert zur Hand!” Jahn Franzosenhaß wirkt bis 1870, bis 1914, bis 1933,39….
Daß es Jahn und Kollegen nicht nur um die linksrheinische “Weltgegend” ging sondern auch um die weiter östlich gelegene, bringt Jahn-Freund Wilhelm Jordan “in einer mächtigen Rede vor dem Frankfurter Nationalparlament dem deutschen Volke … zum Bewußtsein, das eigene Volkstum nicht hinter fremdes zurückzusetzen. Er verteidigte (1848!) die Teilung Polens als eine harte aber notwendige Maßregel und erklärte: ‘Hat der Deutsche die Wälder gelichtet, die Sümpfe getrocknet, den Boden urbar gemacht, Straßen und Kanäle angelegt, Dörfer gebaut und Städte gegründet, um den Epigonen des exilierten hundertköpfigen polnischen Despotentums neue Schmarotzernester zu bauen? … Freiheit für alle, aber des Vaterlands Kraft und Wohlfahrt über alles!” (Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit)
Freiligraths “Deutschland, Deutschland, über alles” läßt sich dann im Anschluß gut singen, besonders, wenn man weiß, daß er den Feldzug gegen Frankreich 1870 im hohen Alter freudig begrüßte. ( Ups! “Deutschland, Deutschland…..” stammt auch nicht von Freiligrath sondern von Hofmann von Fallersleben. Peinlich, peinlich! In soweit muss ich mich bei Freiligrath entschuldigen, aber nichtsdestotrotzalledem hat er den deutsch/französischen Krieg 1870/71 begrüßt. – der Autor)
Daß nach dem zweiten Weltkrieg das Singen dieser Strophe des “Deutschlandliedes” als Nationalhymnenbestandteil verboten wurde, hat seinen guten Grund.

Preußen hatte im Mai 1848 den Aufstand der Polen in der Provinz Posen niedergeworfen. Die Hanauer Turner und mit ihnen die Mehrheit der Bevölkerung standen auf der Seite der Aufständischen, nahmen die politischen Flüchtlinge auf und unterstützten den polnischen Widerstand. Der Anführer des polnischen Aufstandes, General Mieroslawski und viele andere polnische Freiheitskämpfer unterstützten ihrerseits die demokratische Revolution in Deutschland, nachdem sie vor den Preußen aus Polen flüchten mußten. Mieroslawski kommandierte die Revolutionstruppen in Baden. August Schärttner arbeitete als Oberkommandierender der Hanauer Turnerkompanien eng mit Mieroslawski zusammen, sein Adjutant Wojnicky war polnischer Offizier. Die Hanauer waren Teil der 4. Division des Revolutionsheeres unter dem Kommando der polnischen Obersten Oborski und Emil Bednarczyk.

Angesichts solcher Völkerverbrüderung “seiner” Turner mußte Jahn vor Wut schäumen.

Jahn stieg auf in den preußisch-deutsch-nationalen Wallhall.

August Schärttner starb in London im Exil. Er war Asylbewerber,
wie Tausende seiner Landsleute und viele Hunderttausende, die in diesen Jahren in Paris, London, USA, Australien, in der Schweiz, entweder als politisch Verfolgte unterkamen oder als Wirtschaftsasylanten leben mußten und durften.
1860 gab es allein in Paris bei einer Gesamtbevölkerung von ca. 300.000 ca. 90.000 Deutsche mit eigenen Vereinen, eigener Presse, eigenen Zentren. In London sah es nicht viel anders aus und keine Partei schrie gegen eine mögliche “Überdeutschung”.

Und jetzt zu den Straßenkämpfen in Hanau 1998.

Na endlich! Wurde auch Zeit!

Bei den 98er und 2008er Straßenkämpfen handelt es sich leider oder glücklicherweise nicht um Kämpfe, wie beim Frankfurter Aufstand 1848 oder bei den Zollunruhen 1830 in Hanau. Damals wurde unter Teilnahme vielen Volks um soziale, politische Forderungen gekämpft, mit Argumenten und letztlich auch mit Waffen in den Straßen, auf den Straßen und auch um die Straßen.
Die Kämpfe heute finden und fanden dagegen meist in den Vorständen verschiedener Institutionen und Vereinigungen unter Ausschluß oder Desinteresse vielen Volks statt. In Vorstandsbüros, Ausschüssen und manchmal sogar im Plenum der Stadtverordnetenversammlung. Die eine oder andere Redaktionsstube ist gelegentlich auch Schauplatz dieser Straßenkämpfe. Die BündnisGrünen haben die Umbenennung des Carl-Diem-Weges in Bergmann-Weg gefordert, worauf sich der Vorstand der Hanauer Turngemeinde von 1837 nicht einlassen wollte.
Der Weg sollte doch lieber Carl-Diem-Weg bleiben. Auch die konservative Mehrheit im Stadtparlament konnte zunächst nichts sonderlich Schlimmes an diesem Namen finden (Wie denn auch?).
Man hat natürlich nichts gegen die jüdische Sportlerin Bergmann, die 1936 wegen ihrer Abstammung nicht an den Olympischen-Nazi-Propaganda-Spielen teilnehmen durfte. (Wobei Herr Diem mit Sicherheit auch die Finger im Spiel hatte.)
Aber von den Hanauer Turnern und Sportlern kennt sie keiner.
Sie kommt ja noch nicht mal aus Hanau.

Stellt sich die Frage, ob nicht die HTG einen von den Nazis verfolgten jüdischen Turner aus ihren Riegen hätte vorschlagen können.
Oder gab es vielleicht bereits 1933 oder davor schon keine jüdischen Mitglieder in der Hanauer Turngemeinde. Oder einen Kommunisten oder gar die zwölf, die schon 1933 wegen antifaschistischer Flugblattverteilung vor gericht und ins Zuchthaus kamen.Auch das waren zum Teil Turner.
Möglich wäre es also schon.
Daß sich die HTG in ihrer Tradition seit 1871 auf den “Deutschheitsmehrer” und “Deutschvolkstümler” Jahn und nicht auf August Schärttner beruft, läßt sich zumindest an der Namensgebung für ihre Turnhalle und die dazugehörige Straße belegen: für beide wurde “Turnvater” Jahn der Namenspatron, einer, den die Turner 1848 aus ihrem “rotschwärmenden Hanau” hinausgejagt hatten. Wie weit die Turner 1870 zu Kreuze gekrochen und unter der preußischen Pickelhaube gelandet waren, läßt sich aus der Begründung des Gnadenerlasses schließen, mit dem der König von Preußen am 3. August 1870 alle Strafen gegen die Turner erließ: “aus Anlaß der patriotischen Einmütigkeit, mit welcher Unser Volk sich zu dem Uns jetzt aufgedrungenen Kampfe erhoben hat.” (Hanauer Turnerwehr, Karl Geisel, in Hanauer Geschichtsblätter Bd 25, 1975) “Frisch, fromm, fröhlich, frei” war die Jahn’sche Turnerei 70/71 mit dabei gegen Frankreich, tollkühn wie Blücher, hart wie Kruppstahl 1914 und 1939.

Angesichts der drohenden Revolutionsfeiern und der nahenden Landesgartenschau, angesichts der immer breiter publik werdenden Fakten über den Nazi-Turnvater Diem, schlug die Stadt 1998 einen Kompromisskandidaten vor: den revolutionären Silberschmied und Turner August Schleissner aus Hanau, Leutnant der Turnerwehr und mit August Schärttner im Hanauer Turnerprozeß zu langjähriger Zuchthausstrafe verurteilt.

Man kann die Tage zählen, bis der städtische CDU Vorturner Frodl, die Republikanerfraktion oder die Bürger für Hanau als Rache für diese fast verlorene Straßenschlacht die Umbenennung der Karl-Marx- und der Friedrich-Engels-Straße fordern: zum Ausgleich für die Friedrich-Ebert Anlage eine Hindenburg-Straße und als Ergänzung zur Adenauer-Straße eine Ludwig-Erhardt-Allee. Im Lamboy-Tümpelgarten würde das ein Zeichen für den Aufschwung Hanau Nord-Ost setzen. Als Kompromiss käme ein Ernst-Jünger-Weg in Frage.

Gäbe es in Hanau nicht schon eine Jahnhalle, müßte die Stadtverordnetenfraktion der CDU schleunigst die Umbenennung der Schärttner-Halle in “Jahn-Halle” beantragen.
Gäbe es nicht schon eine Jahnstraße in Hanau, machte es Sinn die August Schärttner-Straße in Jahn-Straße umzutaufen. Denn diese Straße führt uns so sicher zum Carl-Diem-Weg, wie uns Jahn zu Carl Diem und seinen Führer geführt hat.

Daß sich die “Republikaner” 1998 Hanau im 150 Jubeljahr des ersten deutschen Turnertages noch unter der geistigen Oberherrschaft des Demokratenhassers Jahn als Austragungsort ihres Landesparteitages ausgesucht hatten, macht Sinn.
Ihr rassistisches, nationalistisches, faschistisches Giftgebräu ist der in Gährung geratene Rest der Jahn’schen Früchte, aus denen die Großmachtträume Wilhelms des zweiten und Adolf Hitlers ihren Saft und das Jungvolk zum Volkssturm gezogen haben. Unter dem Segen von Turnvater Carl Diem. Schön und hoffnungstiftend ist die Tatsache, dass hunderte von AntfaschistINNen die Hanau-Klein-Auheimer Stadthalle besetzten und so den Parteitag der REPs verhindern konnten.

Pech für die Ex-Oberbürgermeisterin von Hanau, daß Jahn kein Hanauer war. So mußte sie notgedrungen einen Revolutionär und zudem noch ein Mitglied des Bundes der Kommunisten feiern. Letzteres hat sie wohlweislich verschwiegen.

Warum sie keinen Versuch machte, den Landesparteitag der Republikaner in Hanau zu verhindern, könnte man aus der hier aufgezeigten Ideengeschichte von Jahn bis Diem unschwer entnehmen.

PS. Wie lautete ein sehr populär gewordenes Turnerlied des Mannheimer Studenten Karl Blind “Wir sind nicht die Helden von “altem Schrot”, die da hassen den “Welschen” und “Franzen”, um feig nach dem launischen Machtgebot von frechen Tyrannen zu tanzen.” Das ging direkt gegen den “Turn-Übervater” Jahn, gegen den Kartätschen-Prinz Wilhelm von Preußen

Wie Turner zum Teil sehr erfrischend pragmatisch mit den “Nationalfarben” umgingen zeigte sich beim Frankfurter Aufstand:
“Die Bockenheimer Turner wurden aufgefordert sich Gewehre zuzulegen, statt einer Fahne. Wenn es erst einmal zum Kampf komme, dann sein ein Fetzen rotes Tuch an einer Stange genug.” (Hannes Neumann, Beiträge zur Lehre und Forschung der Leibeserziehung Band 32, Die deutsche Turnbewegung in der Revolution 1848/49.., Schorndorf, 1968).

Einfach schön.
Nicht Schwarz,
nicht Gold,
aber Rot
sollte das Tuch sein.

(Was noch fehlt, ist die Antwort der Hanauer auf Jahns “Schwanenrede” aus der “Hanauer Zeitung” von 10. Oktober 1848.)

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Ergänzungen

Erst mit preussischer Uniform Feuerwehr !

Hartmut Barth-Engelbart 30.01.2008 – 01:16

Nachsatz: ich habe vergessen zu schreiben, dass nahezu alle FeuerwehrGründungsfotos zwischen 1880 und 1914 die Feuerwehrmänner in preussischer Pickelhauben-Uniform zeigen. Und da Geschichtsschreibung in der Regel die Siegergeschichtsschreibung ist (und viele der Feuerwehrleute nicht oder kaum schreiben konnten, ging die eigene Geschichte (fast) unter. Bei den französischen Pompiers war es auch nicht viel anders. Es gibt eben erst dann eine Feuerwehr, wenn sie (militärisch) uniformiert ist.

Ergänzung

Ich 30.01.2008 – 08:07

Insgesamt ein durchaus interessanter Artikel, auch wenn sich mehrere z.T. deutliche Fehler eingeschlichen haben. Was mir spontan aufgefallen ist:”Daß nach dem zweiten Weltkrieg das Singen dieser Strophe des “Deutschlandliedes” verboten wurde, hat seinen guten Grund. ” – Verboten? Stimmt nicht, die Nazis haben das vor ca. 3 Jahren sogar nochmals vor Gericht durchgeklagt. Jeder darf alle drei Strophen singen, als Nationalhymne wird jedoch nur die dritte gesungen.”Jahnstraße…den die Stadt mit sozialdemokratischer Parlamentsmehrheit nach Adolf Hitlers Turnerführer benannt hat, der noch Ende Februar 1945 im Berliner Olympia-Stadion rund 10.000 Hitlerjungen in den Endsieg gehetzt hat. ” – Turnerführer Jahn war dort schon längst tot!

Carl Diem

Carpe Diem nutze den Tag 30.01.2008 – 08:40

Behördenhaus = Zollhaus 1830 oder wie die Frankfurter Rundschau Demonstranten zu “Antisemiten” macht

Hartmut Barth-Engelbart 30.01.2008 – 09:27

Die befehlsverweigernden Polizeikräfte waren zum größten Teil die Bürgergarden, die nicht dem Kasseler Kurfürsten unterstanden, sondern dem zwar von Kassel bestimmten aber doch relativ unabhängigen BÜRGERmeister. Klar war Jahn schon weit über 100 Jahre tot, als die Stadtverordneten den CARL-DIEM-WEG tauften, das “den” bezieht sich aber auf DEN Weg und nicht auf DIE Straße, das nur nebenbei. Viel wichtiger ist der (Rest-) Gehorsam der Bürgergarde: Nach dem Sturm auf das (die Lebensmittel mitten in großer Hungersnot verteuernde) Zollhaus und der Vernichtung des Prügelbocks in und vor der Polizeiwache zogen die Demonstranten zum großen Anwesen des reichsten Hanauer Korn- und Viehhändlers namens Deines. Das Anwesen des evangelischen Geschäftsmannes wurde sofort durch die Bürgergarde umstellt und beschützt. Deines Reichtum stammte nicht aus durchschnittlichen Profiten. Er war berüchtigt dafür, dass er die Kleinbauern und die Handwerker der ganzen Region übervorteilte, betrog .. und somit auch den Brotpreis und die Fleischpreise trieb. Als die Menge nicht an Deines herankam, zog sie vor das Haus des nächstgrößten Korn- und Viehhändlers und Betrügers in der Hanauer Vorstadt, dessen Namen ich mir leider aus der Ziegler’schen Chronik nicht herausgeschrieben habe. Es war ein jüdischer Geschäftsmann. Dessen Gebäude wurden weder von Militär noch von der Bürgergarde geschützt und dann auch von der Menge gestürmt, geplündert und verwüstet. Der Viehhändler Deines war ein enger Verwandter des fürstlichen Finanzrates Deines in Kassel (“Gott schick uns keine Cholera, nicht Pest und sonst was Feines, rett uns vor Gräfin Reichenbach und dem Finanzrat Deines!” Auf die Melodie “Geh aus mein Herz und suche Freud” sangen die Leute dieses Spottlied auf die Maitresse des Kurfürsten und seinen sie im Auftrag aushaltenden Finanzminister Deines). Der jüdische Viehhändler musste über 15 Jahre prozessieren bis ihm der Kurfürst 5.000 -ich glaube Gulden- als Entschädigung bewilligte, von denen noch Mal 500 Gulden Prozessgebühren einbehalten wurden. So hat sich damals schon die herrschende Klasse und ihr Anhang lästige Konkurrenten vom Hals geschaffen. Die Frankfurter Rundschau hat in Artikeln zu den Jubelfeiern für die 1848er 1998 diesen Vorfall nur als pogromartigen Überfall auf einen jüdischen Kornhändler beschrieben und damit “bewiesen”, dass der Antisemitismus von unten kommt. Das ist rassistische Schreiberei! Die Motive der Hanauer Demonstranten waren nicht rassistisch (wiewohl es in der 1848er durchaus nicht schwache antisemitische Strömungen gab ((wie Turnvater Jahns Fan-Gemeinde))). Höchstprofitgierig und rassistisch waren die Herren der Obrigkeit, der Kurfürst und sein Hofstaat und Teile des Großbürgertums, denen es sehr oft gelang, dem Pauperismus die Juden als Prügelknaben zu präsentieren, dazu wurden sie -auch noch nach den Stein’schen Reformen und die ja nur in Preussen – weitgehend entrechtet und ghettoisiert gehalten.

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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