Blaue Blumen, blaue Federn & statt Gold nur bunter Kies im Kinderparadies

Blaue Blumen, blaue Federn und kein Gold nur kunterbunter Kies im Bachbett-Kinderparadies

Datei:Franz von Lenbach - Hirtenknabe (1860).jpg

Blaue Blume

 

Früher wuchsen

Auf den Wiesen

An den steilen Hängen

blaue Blumen

Ganz weit hinten

Hinterm Murmelbach

Hinter den Zigeunerhecken

Wo sich Messer-Scherenschleifer

Teppich-, Stuhl- und Kesselflicker

Vor der Polizei verstecken

muss man schnell vorbei!

Drauf achten

dass die Hühner und auch Kinder

stehlen, schlachten

und wir lachten

dachten

uns doch nicht

-s dabei

wärmten uns an Kesselfeuern

spielten, aßen, tranken

mit den Ungeheuern

und versanken

Zauberei

 

Vor 65 Jahren

Meine blauen

GlockenBlumen

kleineTraubenhyazinthen

Gundermann-Vergissmeinnicht

Schule, Mittag-, Abendessen

In der Blumen-Wiese liegen

Zigeuner spielen

sich im frischen Heu verkriechen

heimlich rauchen

und danach nach Feuer riechen

Durchfall kriegen

Heu-Feuer mit Pippi löschen

und dann durch die Mümling tauchen

Klamotten in die Büsche hängen

nackig sich die Haut versengen

wieder in der Wiese liegen

Gräser streicheln

Blumen riechen

Bienen summen

Uhren-TickTack

Glockenschlag

verstummen

Wolken fliegen

zeitlos, ewig

unermessen

bis zum

Abend

Sonnenbrand

Glücksversessen

Zeit vergessen

 

Heim mit Bangen

Prügel fangen

wieder in die Wiesen flüchten

kann man seine Freiheit

züchten?

 

Datei:Franz von Lenbach - Hirtenknabe (1860).jpgHirtenknabe, 1860. Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Sammlung Schack, München

https://www.youtube.com/watch?v=mQo4WMkwJuw

 

Kindergold

 

Was war mir Gold?

Der Ring, die Fessel

Meiner Mutter

Die Vater nur noch so

Ich glaube

Als Schreck- und Daumenschraube

Schließlich zwangsempfand

Ging nicht mehr von der

Mutter-Hand

-fessel ohne Schlüssel-

Blumen

Die ich ihr pflückte

Und nach Atem rang

Wenn sie mich drückte

tat sie mir unendlich Leid

Der Ring

Ging nicht

Vom Nasenbohr-

Ringfinger

Bis zur Altersgicht

Oder bohrte sie

Hinter ihrer vornehm

vorgehaltnen Hand

Etepetete

Mit dem Kleinen

weil der besser passte

Den sie beim Damen-Tee

französisch

Wie die Haute Volée

abspreizte

Und damit meinen Vater reizte

brutal oral

Das Scheißen einer Kuh

Zu pantomimen

Er ließ den Mund Schließmuskel spielen

und das Edel-Damen-Kränzchen

angewidert juchzend schreien

den Leibhaftigen abwehrend

jubilieren bis zum Schielen

Den Arm als Kuhschwanz

Winkend anzuheben

Kuhfürze rülpsend

das Platschen

Großer Fladen

Vorzuklatschen:

La Belle et le Béte

 

 

Statt Kindergold

Das sich bei jeder „Überraschung“ zuerst Ferrero

Und danach der Zahnarzt holt ?

Einfach ins Blaue!

 

Blausatt

 

Blaue Blumen

Blaue Federn

Seit jeher

War der Eichelhäher

Der Wächtervogel

Mir mehr Wert

Mir viel lieber

Als Gold

Wenn ich nur eine

Seiner Federn

Himmlesblau

In Moos und Seidengras

Liegen

und

Ihn krächzend

Vor mir fliehend

Fliegen sah

Ein Stück vom Himmel

Himmelsblau

Und er kackt

Aus den höchsten Zweigen

 

Auf den Überbau

Das unbekannte Wesen

 

Das ich schon damals

Nicht erkannte

Nicht anerkannte

Vor ihm floh

 

Dem ich noch heute

Nicht vertrau

Ich scheiße auf den Überbau

 

Lieber trau-

Ich echt in echt

Dem Eichelhäher und dem Specht.

 

Ja, alle sind mir – alle recht

Ob grün, ob schwarz,

bunt oder grau

am liebsten diese

himmelsblauen

schlauen Späher

aus der Familie Rabe

die Eichelhäher

die ich seit jeher

doch am

liebsten

habe

 

Das war mein

Kinderparadies

Im Bachbett

Liegt kein Gold

Nur kunter

bunter

kies

 

Mit Lukardis Blumen ernten, Blumen streuen

drei

käsehoche

Kinderliebe

Lausbubenleiternd

bezwangen wir die Mauer

die uns trennte

der Schlossgärtner

von Fürstenau

hatte den Befehl genau

zu schauen

ob sich Lukardis

in den Mümlingauen

mit Adellosen traf

oder war dies

nicht Wild, der Förster

ja so hieß er

unter seinen Argusaugen

ließ er

uns

nur Feiertags

und morgens noch

im Büchsenlicht

zusammenkommen

und sonst nicht

wenn Doris, seine Tochter

unsere Kumpanin

ihm nicht den Wecker nachgestellt

und uns vor ihm

so gerettet

hätte

 

Wir flohen beide aus den Betten

und hätten

uns so gerne doch

bei Tageslicht

im Abendrot

nicht immer

nur zur Not

versteckt im Unterholz

getroffen

Natürlich

hat der Gärtner

uns gesehn

Er ließ uns Augen zwinkernd

oft die Tür

zum Garten- und Gewächshaus

und zur Orangerie

zufällig offen stehn

dann spielten wir

und hatten Zeit

und sangen

im Duett

sie sang schon Alt

und ich Sopran

so schön

und wenn Fronleichnam kam

und Mariä Himmelfahrt

und alle Flüchtlinge

katholisch

prozessionierten

durch den Park von Fürstemau

die goldene Monstranz

regensicher unterm Baldachin

da zogs uns hin

dann war das unsre erste

De-Monstranz-iation

wir streuten vorne in der ersten Reihe

streng protestantisch

damals schon

ökumenisch-interreligiös

aus freien Stücken und

aus unsren Körbchen

Blüten, die wir

in aller (Herrgotts-)Frühe

klammheimlich

im Schosspark

Hand in Hand

gemeinsam

Blütenständer

streifend

gerntet

hatten.

Das war ein Fest

unbeschwert und unbeladen

von Weyrauchschwaden

hinter uns

 

Das haben wir dann beibehalten bis in die 68, 78, 88, 98 ….

immer vorne in der ersten Reihe

wir zweie

die Hohen Priester

hinter uns lassen

Ketten bilden, Hände fassen

Lukardis

unsre beiden Türme

stehn nicht mehr

wir beide haben uns gerächt

doch Türme wachsen wieder

wie die Schlangen

aus dem Haupte der Medusa

das OberHaupt des Kaput-Baal

wir brachten es noch nicht zu Fall

vielleicht von oben

später mal

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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