1967, 30 Jahre danach wird die KZ-Nachschub-Bahn Bad Orb-MUNA-Göring-Werke stillgelegt

1967, 30 Jahre nach der Einweihung der “Adolf-Hitler-Kaserne” wird die KZ-Nachschub-Bahn Bad Orb-MUNA-Göring-Werke stillgelegt. Zum Zweck der Bahn zwischen 1937 und 1945 schreibt der Regional-Historiker Gerhard Freund in seinem GNZ- Artikel keine Silbe: “Von Wächtersbach zum höchsten Bahnhof Hessens –  Die Vogelsberger Südbahn führte bis nach Hartmannshain/ 1967 erfolgte das endgültige Aus” HIER LINK ZUM FREUND-ARTIKEL EINSETZEN !!!

Etwas zum Hintergrund veröffentlichte die “neue hanauer Zeitung” schon vor 18 Jahren: (und es gab nicht wenig Ärger für die alternativ-linken Zeitungsmacher)

30 Jahre nach der Einweihung der „Adolf-Hitler-Kaserne“ in der „ ersten judenfreien Stadt im Reich“, in der Barbarossa-Stadt Gelnhausen wird 1967 die Nachschub-Bahnverbindung vom STALAG Wegscheide/Bad Orb in den Vogelsberg zum Arbeitslager der MUNA und zu anderen KZ-Außenstellen nicht mehr gebraucht.  Zunächst wird die “Südbahn” stillgelegt.  Dann noch Mal fast 30 Jahre später die Orber Bimmelbahn. Warum und wann wurde sie geschaffen? Warum wurde die Orber Bimmelbahn 1901 mit Normalspur errichtet und so bis nach dem Krieg betrieben?

Das beschreibt nicht nur Gerhard Freund nicht. Auch bei wikipedia wird der Betrieb ab 1933 bis 1945 nicht erwähnt, und schon gar nicht der Zweck beschrieben. Denn auf der Normalspur war der Antransport von russischen Kriegsgefangenen ab 1941 ins STALAG Wegscheide und deren Verladung in Viehwaggons zum Transport in die „Vernichtung durch Arbeit“ bestens zu gewährleisten. Dass Bad Orb Garnisonsstadt und Tor zum riesigen Truppenübungsplatz Lettgenbrunn/Vilbach-oberhalb des Jossgrundes war, wird aber immerhin dort etwas ausführlicher beschrieben. Was Wikipedia auch verschweigt, ist der Bad Orber Arbeiter-, Bauern- und Soldatenrat, der 1918 in Bad Orb die Regierung übernimmt, so wie in Gelnhausen ebenfalls …

Manchmal ist Oral-History doch nicht so schlecht, wie ihr Ruf unter Geschichtswissenschaftlern. Manchen von ihnen gilt sie eher als „unwissenschaftlich“.

Unschlagbar ist die “erzählende Geschichte” besonders dann, wenn die Ergebnisse der Oral-History, die Berichte der Alten mit den Forschungen einiger „echter“ Historiker übereinstimmen, die in der Region ihren Forschungsschwerpunkt hatten und haben: im  Falle der Bahnverbindungen von Bad Orb nach Wächtersbach, von Gelnhausen nach Gießen kann man sich sehr gut auf die Forschungen von Dr. Christine Wittrock und die des Frankfurter Historikers Dr. Manfred Köhler und ihre Publikationen stützen.

http://www.cocon-verlag.com/shop/product/view/14/116.html

https://ernster.com/detail/ISBN-9783884430354/Köhler-Manfred/Im-Feuer-der-sozialen-Republik

Nach den ausführlichen Gesprächen, Interviews mit ZeitzeugINNen im Gründautal, wie im Brachttal , in Bad Orb  und Wächtersbach, in Hirzenhain & Bermuthshain, in Lettscheborn & Vilbach bis in den Jossgrund in den vergangenen 35 Jahren – fällt mir auf, dass uns Gerhard Freund in seinem Artikel den Grund für die Fertigstellung der “Südbahn”  Birstein – Hartmannshain verschweigt, die nur zum Beispiel für Mittel-Gründau eine nicht unwichtige Rolle spielt.  Hier hat die Gestapo die Familie von Dr. Göckel mit einerseits Einlieferung der Mutter/der Frau von Dr. Göckel ins Arbeitslager bei Bermuthshain (in die MUNA) und die der Töchter in ein Umerziehungslager für Kinder bedroht. Ein für die Nachkommen sehr prägendes, aber in der bisherigen Lokalgeschichtsschreibung nicht berücksichtigtes Ereignis. Und dafür gibt es unzählige ähnliche Beispiele, die nirgendwo erwähnt werden.

Für die Transporte von ZwangsarbeiterINNEn und Material war sowohl die Vulkan-Bahn (auch zur Anbindung des Rüstungsbetriebes Buderus in Hirzenhain) als auch die Südbahn von strategischer Bedeutung, verschärft noch nach dem Überfall auf Polen und die UDSSR. Natürlich war diese Bahn auch wichtig für den Material-Transport/Export der fürstlichen Betriebe Eisenhammer, Wächtersbacher Steingut, für die Hermann-Göring-Werke (MHI) in dieser Region für den Abtransport von Kopfstein-Pflaster für den Autobahnbau (bis nach Danzig und dann auch durch den „Warthegau“ und weiter ..).

Wächtersbacher Steingut ging gut als Geschirr-Massenware für  „KdF“-Kraft durch Freude-Erholungs-. & Ferienheime, für die Reichswehr, für das „Winter-Hilfswerk“, die Parteischulen, die NaPoLa-Eliteschulen (wo Herrhausen & Schleyer geschult wurden), die BdM- SS-„Lebensborn“-Einrichtungen in Schlüchtern-Ramholz und im Ebsdorfer Grund in den Kühlmann-Stumm’schen Schlössern zur Aufzucht „reinrassisger , blonder Arierhünen“, die heute allesamt zwischen75 und 85 Jahre alt sein dürften, abgesehen von solchen, die erst nach 1945 aus tatsächlich weiterbestehenden „Lebensborn“-Lebensgemeinschaften geboren wurden.  Wobei die Eltern, meist die Väter vorzugsweise zunächst bei der Bergwacht, dem technischen Hilfswerk oder bei landwirtschftlichen Versicherungen als Vertreter oder als Ringberater der Landwirtschaftskammern haupt- oder nebenberuflich unterkamen.  Dann kam als berufliche Rettung das Amt Blank, die Bundeswehr und das Amt Gehlen und der BND .,…aber doch für viele etwas zu spät…

Und nicht zu vergessen: das fürstlich Ysenburg-Büdingensche, von Goertz’sche, Solms-Wernigerrode‘sche und Riedesel’sche usw … Geschäft mit Bauholz, Grubenholz, für Unterstände und Schützengräben der Reichswehr ging nur mit dem Ausbau der Bahnverbindungen ….  Klar, das gilt für alle Bahnverbindungen, für Holz und Zuckerrüben, Getreide, Kartoffeln  .. die ersten Bahnstrecken um 1848 wurden ja auch nicht nur für die Markterschließung für darbende Bauern und Handwerker gebaut. Die Preußen nutzten die sofort für ihre Truppentransporte, um die Republik zu zerschlagen…..

Aber der forcierte Ausbau der “Südbahn” kann nur in diesem Kontext richtig bewertet werden.  Ohne die Bahnverbindung von Bad Orb bis tief in den Vogelsberg, hätten die verschiedenen KZ-Außenstellen zwischen Lauterbach und Schotten, Wächtersbach und Hirzenhain, Birstein und Bermuthshain auch nicht mit Zwangsarbeitern und Nachschub aus dem STALAG Wegscheide vor Allem in der gebotenen Eile organisiert werden können. Ohne diesen Nachschub hätten die fürstlichen Geschäfte mit dem Holzeinschlag durch das SS-Programm „Vernichtung durch Arbeit“ nicht funktioniert.  Auf Gründauer Gebiet gab es neben unzähligen kleineren bis mittleren Zwangsarbeiterlagern bei Kirchengemeinden, Reichsbahn, politischen Gemeinden, Reichsnährstands-Führern, fürstlichen Domänen-Pächtern (z.B im Mittel-Gründauer „Polacken-Haus“) usw.. mindestens drei KZ-Hinzert-Außenstellen: Gettenbach-, Breitenborn und über Breitenborn in Richtung Waldensberg ein weiteres ca. 1 Kilometer unterhalb  des Ysenburg-Büdingen‘schen Mausoleums.  Jeweils für 150 bis über 200 KZ-Häftlinge errichtet, mit ständiger Überbelegung mit Russen und Russinnen, die gegen Peanuts , die das Fürstenhaus an die SS zahlen musste, hauptsächlich Holz schlugen und Rinde fraßen bis zum Umfallen … danach wurden sie in Breitenborn als arbeitsunfähig im Litterbach ertränkt. Nicht erschossen, denn man brauchte ja jede Kugel für den Endsieg. Und es war doch sicherer, die zwangsrekrutierten Jugendlichen aus dem traditionell links-orientierten Gründautal nicht mit scharfer Munition auszustatten, die hätten ja … , man weiß ja nicht, was alles damit gemacht!!!

Hier sind die Widerstandsaktionen der Breitenborner, der Jugendlichen unter 14/15, der wehruntauglichen Alten und Frauen, Parteilosen, Kommunisten und Sozialdemokraten unbedingt zu würdigen, die vielen russischen Kriegsgefangenen das Leben retteten … dort auch im Widerstand oder den mit offen Augen duldend SA-Wachleute und sogar der von den NAZIS eingesetzte Bürgermeister .- so zumindest berichteten mir Überlebende Zeitzeugen aus dem Steinhauer-Dorf Breitenborn, die hier nicht namentlich genannt werden wollen! Immer noch !!

Aber  vielleicht kommt da ja noch was von Gerhard Freund in der Gelnhäuser Neuen Zeitung.

HIER LINK ZUM FREUND-ARTIKEL EINSETZEN !!!

Warum die Südbahn zu den Gelnhäuser Kreisbahnen kam – ausgerechnet im Jahr der Einweihung der „Adolf-Hitler-Kaserne“-,  liegt auf diesem Hintergrund und der Existenz der Main-Tauber-Linie und des Fachwerk-getarnten Flugplatzes Rothenbergen mit seinen ausgedehnten Bunkersystemen auf der Hand. Spätestens mit der Auslagerung der Rüstungsproduktion (Schützenpanzer u.a.) der teilbombardierten ADLER-Werke  nach Lieblos & Gettenbach (dort wo später der IB das Erbe der KZ-Produktionsanlagen im Park-Baumbestandenen Produktionsgelände südlich des Jagdschlosses nach 1945 übernommen hat, mit den anderen Gettenbacher KZ-Anlagen nordöstlich hinter dem „Weißen Hirschen“ am Waldrand gelegen- konnte man nach dem Krieg anscheinend nichts mehr anfangen  oder weiß jemand von Unterbringung von Flüchtlingen in diesen Baracken? Oder vom Abbau und der Brennholz-Selbstversorgung? Oder vom Abräumen der Grundmauern für den eigenen Hausbau ? Wohnraum war knapp. Irgendwo mussten Ausgebombte und Flüchtlinge, Vertriebene ja untergebracht werden!!

Und erst nach Ende des Abschlusses der Vertreibung der Gelnhäuser Juden übernahmen die Gelnhäuser Kreiswerke die „Vogelsberger Südbahn“. Nach der Vertreibung besonders der Familien Scheuer

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Signatur:MF
Seite:Dudene Heinrich 1,1,1899
Eigentum des Bundesarchivs
.Der SA-Trupp-Führer Heinrich Dudene hat den Fast-Totschlag an Ludwig Scheuer und die Vertreibung seiner Familie organisiert.
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und der Strauß und Blumenbachs, der beiden letztgenannten besonders, da die sich 1920 geweigert hatten der „Gelnhäuser Bürgerwehr“ beizutreten, die nach dem 100%ig geführten Generalstreik gegen den Kappp-Putsch  weitere solcher gewerkschaftlicher Aktivitäten unterbinden sollte, die des Gelnhäuser Arbeiter- und Soldatenrates so und so…

Denn der hatte die Redaktion des Gelnhäuser Tageblattes nach deren antidemokratischer Propaganda dazu verpflichtet, alle Artikel mit Quellen-Angaben zu versehen, damit die Leserschaft erkennt, wer hinter welchen Kommentaren, Meinungsäußerungen & Artikeln steht. Und sofort hörten diese antidemokratischen Propaganda-Kampagnen  -zumindest die offenen-  für eine ganze Zeit lang auf.

Strauß und Blumenbach hatten sich deshalb verweigert, weil sie “nicht Mitglied in einer Organisation werden“ wollten, in der „offensiv antisemitische Propaganda“ betrieben wurde…

So kam es denn, dass in Gelnhausen, wo KPD und SPD und die Liberalen von der DDP bis in die 30er eine absolute Mehrheit hatten, nach der sofortigen Zerschlagung der KPD, der SPD und des ADGB der Weg für die SA-Schläger-Kommandos frei war für die Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung der Gelnhäuser Juden  und dann im ganzen Kinzigtal… leider trotz vieler illegaler Widerstandsaktionen der in den Untergrund gegangenen KPDlerINNEN, SPDlerINNen und Gewerkschafterinnen

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Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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