Nützliche-Idioten-Detektoren bei Qualitätsmedien / Wolfgang Effenbergers CORRECTIV-Teil II

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Wolfgang Effenbergers CORRECTIV-Teil II: Nützliche-Idioten-Detektoren bei Qualitätsmedien

10. Februar 2024 WiKa FäuletonMedienMeinung 2

Deutsch-Absurdistan: Neben den Konzernmedien sind es besonders die öffentlich restlichen Sendeanstalten (ugs. Meinungsfreiheitsvollzugsanstalten) die gerade der Schnappatmung erliegen, weil es Tucker Carlson wagte einfach so, auf kaum zwei Meter Distanz den Erzfeind Putin zu konfrontieren. Sie betätigen sich damit als „Nützliche-Idioten-Detektoren“. Macron und Scholz mussten seinerzeit gefühlte 20 Meter Abstand am großen Konferenztisch wahren, um mit Zar Putin zu reden. Und ausgerechnet dieser angeblich dahergelaufene, rechte in den USA gefeuerte Journalist, sicher von Donald Trump geschickt und von Russland gekauft, kam mehr oder minder auf Tuchfühlung an Putin heran. Da muss doch irgendwas faul sein.

Genau das versuchen die hiesigen Medien irgendwie in Worte zu fassen. Die häufigste Beschreibung dieses Umstands lief dann auf „nützlicher Idiot“ hinaus. Insgesamt gab es wenig Argumente für diese These, dafür wurde sie aber um so lauter und intensiver in allen Kanälen verbreitet. Dazu sollte man wissen, dass so etwas natürlich etwa bezwecken soll, denn neutrale Berichterstattung sähe anders aus. Es geht erst einmal um das Erscheinungsbild, welches man den deutschen Durchschnittsschlafschafen unterjubeln möchte.

Nützliche-Idioten-Detektoren

Da muss die gesamte Information, am besten gleich das Doppelte davon, bereits im Titel des Beitrags enthalten sein, weil sich kaum wer die Mühe macht den Artikel zu lesen, wenn die glasklare, wahrhaftige Wertung bereits vorgegeben ist. Nachfolgend bringen wir eine Reihe objektiver und völlig gelungener Berichterstattungen besagter Qualitätsmedien zum Interview Tucker Carlson / Wladimir Putin:

Rundschau Online

Fangen wir einfach mit dem folgenden Artikel an, er spritzt geradezu vor sachlicher Information: Tucker Carlson interviewt Putin – und die erste Lüge fliegt sofort auf … [Rundschau-Online]. Deshalb zitieren einige Passagen aus diesem Pulitzer-Preis-verdächtigen Meisterwerk:

[…] Der rechte Talkmaster, der für die Verbreitung von Verschwörungstheorien bekannt ist, erklärte, es sei sein Job, die Menschen zu informieren. Die meisten Amerikaner seien nicht informiert, weil ihnen niemand die Wahrheit sage und die Medien korrupt seien. Belege für seine Thesen präsentierte Carlson nicht. […] Putins Propaganda-Maschinerie liebt Tucker Carlson (Anm. der Red. auch hierfür werden keine Belege gebracht) […] Die staatliche Nachrichtenagentur Ria veröffentlichte allein am Montag mehr als 20 Artikel zu Carlsons Besuch in Moskau und dem anstehenden Interview mit dem russischen Diktator. […]

[…] Russland-Experten wie Janis Kluge von der Berliner „Stiftung Wissenschaft und Politik“ warnen vor einer Zusammenarbeit von Carlson und Putin. „Carlson ist schlau und seine Agenda ist klar. Er und Putin werden hervorragend zusammenarbeiten, um das falsche Narrativ über die Ukraine zu verstärken, Biden zu schwächen und Trump zu stärken“, schrieb Kluge am Mittwoch bei X. […] Warnung vor Zusammenarbeit von Tucker Carlson und Wladimir Putin. „Diese Koproduktion von ihnen ist möglicherweise der effektivste und giftigste Propagandaclip, der je erstellt wurde. Für Putin ist es schön, einen nützlichen Idioten wie Gerhard Schröder zu finden, aber einen nützlichen Zyniker zu finden, ist SO viel besser“, fügte Kluge an. […]

Badische-Zeitung

Nachfolgend an sich ein Beitrag den man als etwas moderater einstufen könnte. Allerdings kommt darin ein vergesslicher, amtsbekannter, bundesdeutscher Lügenbaron zu Wort, der zum Zeitpunkt seiner Kommentierung gerade in Washington weilte. Er wollte es sich nicht nehmen lassen seinen Senf hinzuzugeben, bevor er vergisst was er dazu anmerken wollte. Hier nachzulesen: Krieg in der Ukraine • Putin im Interview: Eine willkommene Bühne für den Kremlchef … [Badische-Zeitung].

[…] Kritik an Interview – von Scholz und aus Warschau • Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat das Interview des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit einem rechtsgerichteten US-Talkmaster scharf kritisiert. Scholz sagte bei seinem Besuch in der US-Hauptstadt Washington, es handele sich um ein Interview, „das ehrlicherweise nur verhöhnt, was an realen Taten von Russland in der Ukraine gemacht worden ist und eine völlig absurde Geschichte erzählt über die Ursache für diesen Krieg“. Scholz betonte: „Es gibt eine ganz klare Ursache.“ Das sei der Wille des Kremlchefs, sich einen Teil der Ukraine einzuverleiben. „Und alle Geschichten, die dazu erzählt werden, ändern nichts daran, dass genau das der Zweck seiner imperialistischen Bestrebungen ist.“ […]

Hier spielt es natürlich keine Rolle, dass Putin im Interview teils genau das Gegenteil zum Besten gibt, denn für bundesdeutsche Wahrheiten ist ausschließlich Olaf Scholz der Vergessliche zuständig und er weiß genau, soweit ihm die Ursachen nicht entfallem sind, dass nicht die Ampel, sondern Putin Deutschland den Gashahn zugedreht hat, haha. Naja, er ist wirklich gut für Lachnummern und manchmal sogar selbst eine „Jo, jo, jo“ … [YouTube].

N-TV

Hier ein weiterer Bericht aus der staatstragenden Qualitätspresse: Polen: Carlson erwies sich als „nützlicher Idiot“ für russische Propaganda … [N-TV]. Allein aus dem Titel lässt sich bereits sofort die „ganze Objektivität“ des Mediums ableiten. Um sich selbst nicht als gar so blöd darzustellen zu müssen, tritt man hier besser gleich die Bühne ab an den polnischen Parlamentspräsident Szymon Holownia und lässt den die hier zulässigen Wahrheiten verkünden:

[…] Nun warnt der polnische Parlamentspräsident Szymon Holownia davor, Putins beschwichtigenden Äußerungen Glauben zu schenken. Der rechtsgerichtete US-Moderator Tucker Carlson habe sich bei seinem Interview mit Putin als – so wörtlich – „nützlicher Idiot“ für die russische Propaganda erwiesen, sagte Holownia nach Angaben des Nachrichtensenders TVN24. „Er hat einem Lügner, einem Mörder und internationalen Terroristen das Mikrofon hingehalten.“ Holownia fragte, ob Putin garantiere, dass er nicht in einiger Zeit, wenn er sein militärisches Potenzial erneuert habe, vier Dörfer in Lettland besetzt? Damit könnte er testen, ob die NATO ihren Beistandsartikel fünf erfüllt. „Und wenn sie nicht zurückschießt, wird er weitere zehn Kilometer besetzen.“ Mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine sei Putin zu einer tödlichen Bedrohung für Polen, für Europa und für die Freiheit geworden. „Wir müssen diese Gefahr um jeden Preis stoppen“, sagte der Parlamentspräsident. […]

LOCUS

Weiter mit dem Qualitätsjournalismus. Da darf man diese Postille nicht auslassen. Einfach genial und auch hier wieder Zeile für Zeile gut recherchierte Wahrheit, die das Interview bis ins Detail entlarvt: Analyse von Michael Ehlers • Im Putin-Interview füllt Carlson die Rolle des nützlichen Idioten perfekt aus … [LOCUS]. Man kann sich wirklich auf die hiesige Qualitätspresse verlassen:

[…] Wirr, bizarr und weit entfernt von einem journalistischen Interview […] Dabei schrumpfte Tucker vom Topjournalisten zum Moderatorenstatist und mutierte für Putin zum nützlichen Idioten. Das war kein Interview. Das war ein Tauschgeschäft. Im ersten Teil gab der umstrittene rechte US-Moderator Tucker Carlson dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Gelegenheit für seine Propaganda. Im zweiten Teil revanchierte sich Putin, indem er Carlsons Fans alle Vorurteile über die US-Regierung bestätigte. […]

[…] Erkenntnisgewinn aus den zwei Stunden gleich null. Egal zu welchem Thema. […] Er wusste: hier drohte ihm keine Gefahr. Kein verkrampftes Festhalten an den Stuhllehnen, wie wir es gewohnt sind. Was auch immer man Putin zuvor gespritzt hatte, es machte ihn vital. Auffällig waren auf jeden Fall seine großen Pupillen. Zugegeben, diese hatte auch Tucker Carlson. Ungewöhnlich bei so viel Licht im Gesicht. […]

[…] Nichts außer der Opferrolle, schlecht versteckten enttäuschten Großmachtfantasien und den verschwörungstheoretischen Stichworten, die Putinfans überall auf der Welt gerne glauben wollen. Wirr! Ich habe nicht ein konsistentes Argument in den kompletten zwei Stunden gehört. […] Putin ließ historische Dokumente bringen, die er Tucker zur späteren Prüfung überließ. Bizarr. Die sinnlose Geschichtsstunde ging weiter und weiter. Genau wie die europäische Geschichte weiterging, aus der die Ukraine als souveräner Staat hervorging. […]

[…] Michael Ehlers ist Rhetoriktrainer und coacht seit über drei Jahrzehnten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Unternehmer, Top-Manager/innen, Profi-Sporttrainer, Influencer und viele mehr. Der mehrfache Bestsellerautor (u.a. Rhetorik – Die Kunst der Rede im digitalen Zeitalter) ist gefragter Experte und hat zum Beispiel für Focus, N-TV, ZDF und nahezu allen ARD-Sendern Rhetorik-Analysen durchgeführt (Kanzler-Duelle, Putin-Analysen). Ehlers ist Geschäftsführender Gesellschafter der Institut Michael Ehlers GmbH, Bamberg, Director of the Center for Rhetoric at SGMI Management Institute St. Gallen und Dozent des St. Galler Management Programm (SMP). Er tritt regelmäßig auf Veranstaltungen als Keynote-Speaker auf. […]

[…] Tucker Carlson, der nützliche Idiot […] Das heißt natürlich auch, dass man sich vom Interview mit Tucker Carlson einen Nutzen verspricht. Die Rolle des nützlichen Idioten hat Tucker Carlson sehr gut ausgefüllt. […] Putin verzichtet für das Treffen auf einen seiner überdimensionierten Tische, an denen er sonst seinen Stab empfängt. Stattdessen wurde in einem pompösen Barocksaal eine intime Caféhaus-Gesprächssituation simuliert, in der die beiden sich halb zugewandt gegenüber saßen. […]

Es ist anzunehmen, dass die wichtigste Passage in dem LOCUS-Artikel die Werbung für die „Michael Ehlers GmbH, Bamberg“ ist, denn es bietet sich kaum eine bessere Gelegenheit als ausgerechnet mit Putin und Carlson für dieses Institut zu werben. Vermutlich hat der Ehlers im Gegenzug seine professionelle Analyse kostenlos beigesteuert, sie mutet zwar nicht recht, aber überaus billig an.

FAZ-IT

Leicht erkennbar, Inhalte sind hier nicht sonderlich relevant, da die oben erwähnten Medien mehr oder minder alleinig die Wahrheit liefern, egal wie sie gerade zu verpacken ist, wenn man den Schaum vorm Mund quitt werden muss. Demgegenüber soll in diesem Fall Tucker Carlson die gekaufte Medienhure sein. Dass es womöglich genau umgekehrt ist, darauf kommen die Qualitätsjournalisten selbstverständlich nicht. Sie interessieren sich wirklich mehr für den Splitter im Auge des Nächsten. Da ist kein Raum mehr sich mit dem Balken vor der eigenen Birne zu befassen. Deshalb kann auch eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Aussagen von Putin unterbleiben. Abgesehen davon scheint eine der wichtigsten Aufgaben der hiesigen Journalie zu sein, das Feindbild Russland hochzuhalten. Da würde jede ernste Analyse desaströse Konsequenzen nach sich ziehen.

Wer mit solchen Kraftausdrücken, wie beispielsweise „nützlicher Idiot“, um sich wirft sollte vielleicht mal in den Spiegel schauen. Nein, nicht in den SPIEGEL, der kann auch in den Spiegel schauen, sondern generell in einen physischen Spiegel, um letztlich nicht nur nützliche sondern dazu auch waschechte Idioten zu erblicken. So ein Spiegel ist für diese Kaste immer noch der zuverlässigste „Nützliche-Idioten-Detektor“. Traurig an der Geschichte ist, dass diese Medien jetzt den Satire-Portalen Konkurrenz machen, ohne es den Medien-Konsum-Enten zuvor deutlich mitgeteilt zu haben. Das ist eine ernsthafte Bedrohung für mediale Nischenpinkler wie qpress … wirklich katastrophal.

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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