Wenn sich Arroganz und Ignoranz und weitere -anzien treffen, besteht die Gefahr der Entstehung eines Kultusministers oder -Senators Brief eines jW-Lesers mit Dank aus der WestProvinz an Jana Frielinghaus für ihr Lob der Provinz

Eine Tagung in Zollbrücke an der Oder rückte Kulturheroen der Peripherie ins rechte Licht

Von Jana Frielinghaus
http://www.jungewelt.de/2011/05-16/015.php

 

Hallo am Theater am Rand, lieber Thomas Rühmann, lieber Tobias Morgenstern und alle in Zollbrücke,
die Jana Frielinghaus (, die ich leider nicht direkt erreichen kann) hat einen Artikel geschrieben, der mir das Herze lachen lässt. So habe ich mir ein impulsgebendes jW-Feuilleton vorgestellt. Mit lauter solchen belebenden Sachen, gegen die selbst der ESC-Mimi-Rummel in der linksaußen bestpositionierten Spalte nichts ausrichten kann.
Die sogenannten Kulturbrachen, die brüllenden Verblödungs- und VerBILDungs-Landschaften  sind voller blühender, widerständigster Unkräuter, voller ausgewilderter alte Kulturpflanzen (wie ich sie bei den Radtouren am Rande direkt vor vilen Toren stillgelegter BetriebsKantinen und Theater- und Büchereien abernten konnte – so eine Mirabellen-Allee am Finow-Kanal, direkt hinter der ALTEN WERFT ,voller hinter- und untergründigstem Humor, überreich an semantischen Abenteuern und Geschichten, die die Sieger so nie in die Bücher lassen und liessen…Davon kann ich nicht nur ein Lied singen und es sind bei Leibe keine Leidens- sondern zunehmend (zwischendurch auch durchaus auf der Waage verifizierbar) Liebeslieder – in jener vermeintlich harten Sprache jedoch, die den Metropoliten die selbe verschlagen würde.
“Die Leut” sind mir und ich bin mit den Meinen den “Leuten ans Herz” und auch zunehmend ans Hirn gewachsen. Sie holen mich als Sprecher dahin, wo sie sich es (noch) nicht getrauen und machen mich zum Pressesprecher, Schreiber, Schriftführer. womit sie seit über 250 Jahren ihre Erfahrung haben: der Schriftführer der Oberhessischen Bauernaufstände war der Mittel-Gründauer Volksschullehrer. Der hat für sie die Forderungen gegen die Fürsten 1830 aufgeschrieben… und ist dafür ins Zuchthaus geworfen worden und dort dann “verschollen” (Das muss jetzt bei mir nicht schon wieder sein!). All das grabe ich seit Jahren mit den Leuten wieder aus, sie haben es in den noch nicht kolonisierten hintersten Bereichen ihrer Schädel aufbewahrt und fast zu gut versteckt. Und sie erzählen das alles auch nicht irgendwelchen Luftikussen, die Mal auf- und sonst nix taugen. “Du schwätzt net nur, du hälst Dich auch selber dran!” So kriege ich gern auf die Schulter geklopft. Ja, die Provinzpresse beginnt uns zu entdecken, wir wecken bei den HungerlohnSchreiberINNEN den beruflichen RestEros und sie glänzen und zeigen , was sie können und verraten einem das, was sie selbst nicht schreiben können oder dürfen– aber zitieren dürfen sie dann schon. Es ist ein herrlich subversives Klima in der ErzählDorfKneipe, wenn auch Zeitungsleute  von ihren Geschichtskenntnissen, den Erzählungen ihrer Großeltern, der häuslichen Not der Holzhauer und Kleinbauern und ihrer schwindenden Holzopferrenten erzählen, und von kommunistischen Großonkels aus dem Arbeiter-Bauern-und Soldatenrat .. vom Widerstand gegen die SA und die nachrückende SS … vom Arbeitersportverein und der Spartakiade in Frankfurt, vom Radfahr-Solidaritätsverband und der Rivalität zwischen diesem und dem bürgerlichen DRV und dessen heimtückischen Attacken gegen den Solidaritätsverband… von der hiesigen SED , ja die gabs hier wie “drüben”, auch hier hatten KPDler und SPDler aus ihren Fehlern vor und auch noch nach 1933 gelernt … .
Ich will hier jetzt nicht alles breit erzählen, aber ihr merkt, welche heißen Quelle sich hier erschlossen haben…
Ach so, gerne lese ich in den Kolonien und besonders gerne am Rand. Außerdem kann ich den nur selten halten.
Gelesen habe ich in Görlitz, Zgorcelec (?) oder so ähnlich, in Freiberg, in Zittau, in Stubbendorf, in Frankfurt und in Forst, Zollbrücke fehlt mir definitiv noch – Cottbus ebenfalls –
womit ich bei einem sehr schönen Beweis für die Ignoranz des Herrn Flierl wäre:
in Cottbus gibt es ein Kindertheater,  und der SPD-Stadtrat oder Stadtverordnete, der dieses Theater betreibt, hat seine Ausbildung als Elektriker in einem Kombinat mit der Gesangs und Instrumentalausbildung  zunächst kombinieren können, weil er innerbetrieblich entdeckt und für eine künstlerische Zusatz- und dann Vollausbildung vorgeschlagen und diese dann auch betrieblich finanziert wurde. Das hat mich immer sehr neidisch gemacht. Mir haben sie die Posaune abgenommen, mir den Besuch in der Kunsthochschule (illegal neben der Oberstufe im Gymnasium) dann verboten… und in der DDR ?  Er war ja kein Einezelfall, ich kannte ganze “Kompanien”, Brigaden von ArbeiterKünstlerINNEN… und davon zehrt die ExDDR heute noch immer etwas, wie auch von der sonstigen umfassenden Ausbildung… (das gilt leider eben meist nur noch für die über 40jährigen) denn dann kam der Kahlschlag…
Ich meine den Brecht so schon richtig verstanden zu haben und den Hanns Eisler, dass das mit der Demokratisierung der Kunst nicht nur was mit Radio und Film und TV zu tun hat und mit der so erleichterten Vervielfältigung, der besseren Reproduzierbarkeit. Das wäre es wohl nicht gewesen, zumindest nicht nur. Es geht darum die Kunst mit den Leuten zu machen, einen tendenziell kollektiven kREATIVEN pROZESS ZU ORGASNISIEREN: wo die Momente des Schaffens ähnlich gewichtig sind wie die dabei entstehenden Produkte, deren “Qualität” dann nicht das allein Entscheidende ist. Man kann den Schaffensprozess verbessern, ihn mit mehr Konzentration und Gelassenheit, Ernsthaftigkeit wie Spaß und mehr dafür nötige Freizeit gestalten und dann werden die Ergebnisse immer besser.. Und dieser Prozess bezieht immer mehr Menschn mit ein…
Wem erzähle ich denn das alles. Wem trage ich die Eulen nach Athen?
Ihr wisst es eh. Aber ich muss es mir gegen den metropolitanen MainStream und seiner bewussten und oft präzis gezielten Arroganz und Ignoranz immer wieder klar machen…. un nicht immer wieder darug schielen, ob man doch am Fuße der Charts, am Grundsockel Baals angekommen ist. De Gockel war früher ein Freiheitssymbol – und isse heute auch noch, doch manchmal ist er auch eines der Eitelkeit und dann macht er so wie Hagen Rether den grurgelnden Grölemeyer imitiert. Herrlich, sprach der Knecht und die Magd findets auch höflich. Uns macht es immer mehr Heidenspaß.
Schöne Grüße nach Zollbrücke und auch über die Brücke
Hartmut Barth-Engelbart
und grüßt mir gelegentlich Rolf Becker.
Villeicht würde der ja auch Mal mit mir zusammen nach Zollbrücke fahren und dort das eine oder andere vorlesen und vorspielen…Tommi Reuther, meinen LieblingGitarristen würde ich dafür auch gewinnen können. Schätz ich doch Mal.

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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